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Brücke nach Sizilien

Karl Hoffmann31. Mai 2008

Die Regierung Berlusconi plant den Bau einer gigantischen Brücke über die Meerenge von Messina. Dadurch soll der Verkehr nach Sizilien endlich reibungslos fließen. Doch das Projekt ist umstritten.

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Eine Autofähre in der Strasse von Messina. Im Hintergrund liegt die Küste von Sizilien(26.06.2007/dpa)
So soll sie mal aussehenBild: AP

Die Argumente für den Bau liegen auf der Hand: Die Touristen könnten direkt von der Autobahn über den Stretto fahren, statt in der Schlange aufs Einschiffen zu warten. Mit der Brücke könnte der Verkehr endlich reibungslos fließen. Vor allem im Sommer, wenn die Touristen in Massen nach Italien und auch Sizilien strömen, entstehen große Staus.

Diese Vorteile hatten auch schon die alten Römer erkannt. Sie planten jedoch eine schwimmende Brücke aus vielen kleinen Schiffen. Garibaldi wollte sie Mitte des 19. Jahrhunderts als Symbol des geeinten Italiens verwirklichen. 1969 endete ein Wettbewerb mit dem ersten konkreten Brückenprojekt.

Der Brückenbau – ein Politikum

Simulation der Messina-Brücke (18.04.2001/AP)
Ob die Messina-Brücke jemals so über der Meerenge hängen wird wie in der Bausimulation?

Aber erst als Silvio Berlusconi die Wahlen von 2001 gewann, wurde das Projekt angepackt. 2011 sollte der Bau fertig gestellt werden. Doch Romano Prodi, der Berlusconi vor zwei Jahren ablöste, legte neben vielen anderen Projekten auch die Brücke als sinnloses und teures Unterfangen auf Eis.

Jetzt ist Berlusconi wieder am Ruder und steuert erneut mit Macht die neue Brücke an. Nun soll sie im Jahr 2018 fertig werden. Zumindest die Bewohner an der Meeresenge glauben davon kein Wort. Sie meinen, die Brücke könne man nicht bauen. Auch die jungen Italiener werden die Fertigstellung dieser Brücke nicht erleben. "Mein Nachbar war 93", erzählt eine Anwohnerin und fügt hinzu, "schon als sechsjähriger Junge hatte er von dem Brückenbau gehört. Aber in 93 Jahren hat er von der Brücke nicht die Spur gesehen."

Teures Projekt

Italiens Premier Berlusconi hält eine Zeitung hoch beim Treffen der European People's Party and European Democrats EPPD (29. März 2006/AP)
Der neue und alte Premier holt auch seine alten Pläne wieder aus der IdeenkisteBild: AP

Die ursprünglich vorgesehenen Kosten von fünf Milliarden Euro sind inzwischen auf mindestens sechs Milliarden erhöht worden. Am Ende könnte die Brücke - nach der Erfahrung der letzten Jahrzehnte - aber vielleicht auch das Doppelte kosten. Solch enorme Summen halten die Brückengegner für unvertretbar, zumal die Mafia auch kräftig daran mitverdienen würde. Alleine die gewaltigen Erdarbeiten wären ein Riesengeschäft, meint Antonio di Natale Doch dem Meeresbiologen macht nicht nur die Mafia Sorgen, sondern vor allem das biologische Gleichgewicht in der Straße von Messina.

"Durch die Straße schwimmen Millionen von Meeresbewohner hindurch", sagt di Natale. Die neue Brücke könne eine fatale Wirkung auf diese Tiere haben. Beispielsweise könne der Schatten der Brücke sie blockieren. "Wir wissen es nicht genau, aber ich glaube, dass man ein solches Risiko ausgerechnet hier nicht eingehen darf", meint der Biologe.

Braucht Italien wirklich diese Brücke?

Ähnliches gelte auch für die Millionen Zugvögel, die zwei Mal im Jahr hier vorbeikommen: Die Brücke wäre vor allem nachts lebensgefährlich für die Vogelscharen. Vor allem aber sei sie überflüssig, sagen die Gegner der geplanten größten Hängebrücke der Welt. Sechs Autobahnspuren und zwei Bahngeleise, um zwei strukturschwache Regionen zu verbinden: Das rechne sich nie und nimmer.

In Kalabrien und Sizilien sind Zubringerautobahnen und -bahnstrecken teilweise völlig veraltet. Um die Kosten der Brücke zu amortisieren, müssten beim jetzigen Verkehrsaufkommen von etwa zweieinhalb Millionen Fahrzeugen mindestens hundert Jahre vergehen. Aber vielleicht wird sie auch bis dahin nicht fertig gebaut.