1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Bert Rürup

Raus aus Nadelstreifen und grauem Flanell – rein in den Blaumann. Made in Germany schickt Deutschlands Topökonomen ins Arbeitsleben.

https://p.dw.com/p/88nC
Bild: dw-tv

Bei uns dürfen die Experten ihre Analysen und Prognosen einmal an der Wirklichkeit überprüfen. Das Who is Who der Volkswirtschaft macht mit. Und Sie dürfen abstimmen. Wer ist Deutschlands Volkswirt des Jahres?

Folge 6: Bert Rürup trifft auf Rentner

Wir konfrontieren den "Rentenpapst" mit den jetzigen und künftigen Rentenbeziehern!

Eine Rente und eine Kommission tragen den Namen des Professors, der zugleich Chef des Sachverständigenrates ist. Die Anhebung des Rentenalters auf 67, kürzlich von der Regierung beschlossen, hat er schon vor Jahren gefordert. Denn mit großer Sorge blickt er auf die Rentenkassen und den demographischen Faktor. Aus dem sicheren Büroturm heraus verkündet er seine Sparvorschläge. Zuletzt sorgte er mit dem Vorschlag, die Witwenrente zu kürzen, für großen Unmut. Doch jetzt schickt Made in Germany Rürup ins Volk. Wir konfrontieren ihn mit den Rentnern von heute und von morgen! Rürup trifft die Alten, die weitere Nullrunden fürchten. Und er trifft auf die Jungen, die immer länger arbeiten müssen.

------------------------------------------------------------------

Die Rentner wollen noch lange leben, doch die Rentenkassen sind leer - Themen, die er anpackt, sind hochexplosiv - Bert Rürup.

06_03_21-mig-ruerup_6.jpg
Bild: dw-tv

Bert Rürup, TU Darmstadt: "Man redet oft von der Zeitbomben-Demographie. Bomben pflegen mit einem lauten Knall zu explodieren ..."

EIN Szenario, das der Professor regelmäßig durchspielt: Mehr in die Rentenkasse einzahlen und weniger rauskriegen. Vorschläge, die nicht beliebt machen, bei den jetzigen Rentnern, die weitere Nullrunden fürchten. Und - bei künftigen Rentnern, die länger arbeiten sollen. Wir schicken den Rentenpapst an die Rentenfront.

Eine Turnhalle in Darmstadt. Hier trifft er auf die, die noch lange von der Rentenkasse leben wollen! Kaum einer fehlt von der Seniorensportgruppe. Den Regierungsberater und Chef der Wirtschaftswaisen wollen sie mal ordentlich schwitzen sehen. Rürup verkörpert für viele hier Abschläge und Nullrunden. Ihren Frust darüber soll er auch zu hören kriegen.

Rentner Arno: "...wenn ich meine Renten von 2003 und 2004 vergleiche, fehlt mir eine Monatsmiete, komplett."

06_03_21-mig-ruerup_2.jpg
Bild: dw-tv

Bert Rürup: "Das ist richtig. Wir haben keine Rentensteigerung, aber wir müssen auch mal sehn, haben denn die Arbeitnehmer Lohn- und Gehaltssteigerung gehabt? Auch nicht."

Rentner aufgeregt: "Wir haben 40 Jahre dafür gearbeitet. Ich meine, das ist Geld, was wir einbezahlt haben."

Bert Rürup, TU-Darmstadt: "Das ist richtig. Aber die Beiträge, die sie gezahlt haben, damit haben sie ja die Rente ihrer Eltern bezahlt. Sie haben die Rente ihrer Eltern bezahlt. Und ihre Kinder bezahlen jetzt ihre Rente. D.h. sie haben nie die Beiträge für sich gezahlt."

Um die Senioren zu beruhigen, versucht er es mit einer Charme-Offensive.

06_03_21-mig-ruerup_1.jpg
Bild: dw-tv

Bert Rürup: "Ich bewundere Sie ja, dass sie so fit sind."

Rentner Arno lachend: "Damit ärgern wir ja den Staat....."

Rürup kann die Klagen der Rentner nicht verstehen. Den heute 35- bis 45-jährigen ginge es doch viel mehr an den Kragen.

Bert Rürup: "Einmal müssen die deutlicher spürbare Leistungsrückgänge hinnehmen als Sie, und die müssen sogar steigende Beitragssätze zahlen."

Der Professor müht sich redlich.

Ältere Turnerin: "Wenn Sie im Fernsehen gesprochen haben, hatte ich immer Zorn auf Sie. Aber jetzt, muss ich sagen, sehr sympathisch."

Die einen hat er um den Finger gewickelt, die anderen muss er noch überzeugen. Und zwar künftige Rentner wie Altenpflegerin Dorothee Pacht.

Die 38-jährige fällt in die Gruppe, die es später einmal am härtesten trifft.

Dorothee Pacht: "Wir machen einen Selterskuchen."

Rentnerin: "Warum keinen Bierkuchen?"

Bert Rürup: .."da kommt doch Öl rein in den Selterskuchen."

Die Pflegerin Pacht muss mehr einzahlen, bekommt aber weniger raus. Das soll er ihr mal erklären.

06_03_21-mig-ruerup_5.jpg
Bild: dw-tv

Bert Rürup: "Sie werden ja auch sehr viel älter als ihre Klientel. Und wenn man älter wird, bezieht man auch länger Rente und die muss ja auch irgend jemand bezahlen."

Aus seinem Mund klingt jede Wahrheit wie eine Verheißung. Sie darf dass Rentensystem sogar mittragen. Und was ist eigentlich mit Rürup?

Bert Rürup: "Ich bin Beamter und bekomme deswegen eine gute Pension."

Rentnerin: "Darf ich mal was sagen? Haben Sie auch privates Vermögen?"

Bert Rürup: "Ich habe auch noch gespart. Ich habe auch noch gespart."

Für ihn wurde gut vorgesorgt. Da fällt es auch nicht schwer, Einschnitte bei anderen zu fordern.

06_03_21-mig-ruerup_4.jpg
Bild: dw-tv

Rentnerin: "Rürup, das war wahrscheinlich jemand, der ein Aufrührer war, so im 13 Jahrhundert. Das meint der Namensforscher, dass das daher kommt."

Bert Rürup: "So, vielen Dank."

Rentnerin: "Ein bisschen sind sie heute auch noch ein Aufrührer."

Bert Rürup: Ein bisschen.

Und schon zieht es den Rentenexperten zum nächsten Termin. Eine Konferenz mit dem Thema: Können wir uns das Krankenversicherungssystem noch leisten?