Bertolucci: Altmeister der Filmgeschichte
Viele Filme hat er nicht gedreht. Trotzdem ging Bernardo Bertolucci in die Filmgeschichte ein. Seine Werke sind überwältigend - und manchmal "größenwahnsinnig". Jetzt ist der Regisseur im Alter von 77 Jahren gestorben.
Letzter Vertreter des italienischen Autorenfilms
Bernardo Bertolucci wurde weltweit bekannt für seine Filme, die Politik und Poesie eigenwillig miteinander verknüpften. Er galt als letzter Vertreter der Generation von Filmemachern, die in den 60er und 70er Jahren den italienischen Autorenfilm berühmt machten.
Das Drama um den letzten Kaiser
Er liebte komplizierte Geschichten und scheute keine Tabus. Dabei kamen Bertoluccis Filme poetisch und monumental daher. Zu seinen größten Erfolgen gehört "Der letzte Kaiser", ein Film über das Leben des Chinesen Pu Yi. Er muss den kaiserlichen Thron besteigen, obwohl er mit seinen drei Jahren zu jung zum Regieren ist. Das eindrucksvolle Drama erhielt neun Oscars, zwei davon erhielt Bertolucci.
Vaterfiguren als Vorbilder
Seine Liebe zu Film und Literatur hatte Bertolucci vor allem drei Männern zu verdanken. Sein Vater war ein angesehener Literatur- und Filmkritiker. Auch sein Nachbar, der bekannte Filmemacher Pier Paolo Pasolini und Regisseur Jean-Luc Godard haben Bernardo von klein auf geprägt. Das Bild zeigt die drei Männer (von links nach rechts) 1969 beim Treffen für den Film "Amore e rabbia".
Weltruhm mit Erotikdrama
Ein alter, trauernder Mann, der mit einer jungen Zufallsbekanntschaft lustvollen, aber gefühlskalten Sex hat - das Drama "Der letzte Tango in Paris" mit Schauspieler Marlon Brando machte den Regisseur 1972 weltberühmt. In den USA war der skandalträchtige Film ein Kassenschlager. In Italien wurden Bertolucci und Brando dagegen wegen "Obszönität" zu zwei Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt.
Größenwahnsinniges Filmprojekt: "1900"
Ein halbes Jahrhundert italienische Geschichte in fünf Kinostunden: Für "1900" beschimpften Kritiker ihn als "größenwahnsinnig". Mit den Stars Robert de Niro, Burt Lancaster und Gerárd Depardieu drehte Bertolucci 1974 das Kinoepos über den Kampf zwischen Großgrundbesitzern und Bauern in der Emila Romagna. Der Film sei ein "Denkmal für den Kommunismus", meinte er später schelmisch.
Vom elitären zum erfolgreichen Regisseur
In den 80er und 90er Jahren wandelte sich Bertolucci vom elitären Filmemacher zum international erfolgreichen Regisseur. Seine Enttäuschung über das politische System Italiens führte den bekennenden Marxisten, der aber auch fasziniert war vom Buddhismus, auf die Suche nach anderen Kulturen. Ein Ergebnis war "Der letzte Kaiser" (1987), die erste westliche Filmproduktion in der Verbotenen Stadt.
Faszination für fremde Kulturen
Der Film "Himmel über der Wüste" (1990) führte Bertolucci nach Marokko und in die Sahara. Die Hollywood-Stars Debra Winger und John Malkovich spielen darin ein Ehepaar, das wieder zueinander finden will. Doch der Mann stirbt qualvoll und die Spur der Frau verliert sich nach einiger Zeit. Die Verfilmung des Romans von Paul Bowles halten Kritiker bis heute für "sinnlich und überwältigend".
Ein Film für Kinder
Eine seiner exotischsten Produktionen war der Film "Little Buddha", der 1993 entstand. Mit ihm wollte sich Bertolucci an Kinder jedes Alters wenden. Es war sein erster Film, in dem es nicht um einen Konflikt politischer, psychologischer oder zwischengeschlechtlicher Art ging. Danach drehte Bertolucci nur noch vier Filme, mit denen er an seine Welterfolge aber nicht mehr anknüpfen konnte.
Oscars, Sterne und Palmen
Für seine 17 Kinofilme erhielt Bertolucci zahlreiche Preise: Zwei Oscars und zwei Golden Globes, den Goldenen Ehrenlöwen von Venedig, die Ehrenpalme von Cannes und den Europäischen Filmpreis. Hollywood hat ihm auf dem "Walk of Fame" einen Stern gewidmet. Seit einem Sturz im Jahr 2003 musste Bertolucci ein Leben im Rollstuhl führen. Ende November 2018 starb er nach langer Krankheit in Rom.