1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

So war London

28. Januar 2010

Die Londoner Afghanistan-Konferenz war von einer gehörigen Dosis Realitätssinn geprägt. Trotzdem war weiterhin viel Wunschdenken dabei, meint Nina Werkhäuser in ihrem Kommentar.

https://p.dw.com/p/Ljrk
Themenbild Kommentar (Grafik: DW)
Bild: DW

Die Zeit der Illusionen ist vorbei - das hat die Londoner Konferenz deutlich gezeigt. Der Traum von einer leuchtenden Zukunft Afghanistans, der nach dem Sturz der Taliban Hochkonjunktur hatte, ist längst ausgeträumt. Korruption, Drogenanbau und Taliban werden nie ganz verschwinden, damit haben sich die Geberländer abgefunden.

Das hat den Fokus verändert, man könnte auch sagen: geschärft. Nun wird nicht mehr lange herumprobiert und unkoordiniert Geld mal hierhin, mal dorthin geworfen. Möglichst schnell will die internationale Gemeinschaft eine Basis-Stabilität in Afghanistan erzwingen, um endlich aus dem Alptraum des verlustreichen Einsatzes herauszukommen.

Mit Geld und Gewehren...

...soll ein gesellschaftliches Fundament errichtet werden, das dem Westen Frieden garantiert und den Afghanen ein Mindestmaß an Ruhe und wirtschaftlichem Fortschritt. Für diesen Minimalkonsens wirft die internationale Gemeinschaft alles nach vorne, was sie zu bieten hat. Mehr Soldaten, mehr Ausbildung, mehr Entwicklungshilfe - das ist das Rezept. Es ist nicht neu, aber es wird mit neuen Zutaten aufgekocht.

Die afghanische Regierung bekommt eine letzte Chance, sonst sind ihre Tage als Empfänger großzügiger Spenden gezählt. Und die NATO-Truppen wollen ab 2011 endlich raus aus dem Teufelskreis von Gewalt und Gegengewalt - dafür werfen sich 130.000 ausländische Soldaten in diesem Jahr noch einmal in den Kampf.

Neue Strategie = alte Versprechen

Die Bundesregierung folgt diesem Kurs mit einigem Engagement, wobei ihre "neue Strategie" vor allem darin besteht, alte Versprechen einzulösen. Von mehr Polizeiausbildung wird in Berlin schon lange geredet, von größerer ziviler Hilfe ebenfalls. Auch der Bundeswehr-Einsatz kommt auf den Prüfstand: Allein durch Umschichtungen werden im deutschen Kontingent erhebliche Kapazitäten für die Ausbildung afghanischer Soldaten frei, was ein interessantes Licht auf die Effektivität des bisherigen Einsatzes wirft.

Die erneute Konzentration auf die wesentlichen Ziele gehört zu den positiven Ergebnissen der Londoner Konferenz. Ob die gewählten Mittel den gewünschten Erfolg bringen werden, darf aber bezweifelt werden. Vor allem die Re-Integration der Taliban und ihrer Mitläufer - in London ein großes Thema - halten Afghanistan-Kenner für eine kaum lösbare Aufgabe.

Kein "Plan B"

Auch der geballte gute Wille kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Ausland die Probleme Afghanistans nicht lösen kann. Mit der Konferenz machen sich die Geberländer selbst Mut und beruhigen die kritische Öffentlichkeit. Denn einen "Plan B" für Afghanistan hat die internationale Gemeinschaft nicht in der Tasche.

Autorin: Nina Werkhäuser, zurzeit in London
Redaktion: Kay-Alexander Scholz