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Besuch aus Nordafrika

Bettina Marx7. Juni 2013

Zum ersten Mal ist der tunesische Regierungschef in Berlin. Bis zur Revolution durfte er sein Land nicht verlassen. Im Gepäck hat er zwei Tonnen Datteln. Sie sind ein Geschenk für die Helfer in den Flutgebieten.

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Angela Merkel und der tunesische Premierminister Ali Larayedh in Berlin vor dem Kanzleramt. Foto:REUTERS
Bild: Reuters

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dem tunesischen Ministerpräsidenten Ali Layaredh (beide auf dem Artikelbild) weitere deutsche Unterstützung zugesagt. "Wir wollen behilflich sein beim Aufbau von Rechtsstaatlichkeit. Wir unterstützen, dass sich die wirtschaftliche Lage stabilisiert und wir helfen bei der Berufsausbildung", sagte Merkel in Berlin vor Journalisten. Tunesien habe seit der Revolution vor zwei Jahren bedeutende Fortschritte gemacht, die Deutschland mit großer Anerkennung begleite.

Tunesischer Regierungschef in Berlin

Im Rahmen einer Transformationspartnerschaft helfe Deutschland Tunesien auch beim Aufbau staatlicher Institutionen und bei der Erarbeitung einer Verfassung. "Wir wissen aus der Zeit der deutschen Einheit und der Transformationen in Mittel- und Osteuropa, welchen Problemen man dort begegnet", betonte Merkel. Sie sei aber zuversichtlich, dass die Menschenrechte in der neuen Verfassung angemessene Beachtung fänden. Merkel würdigte auch Larayedhs persönlichen Leidensweg. Der 57-jährige, der dem moderaten Flügel der islamischen Ennahda-Partei angehört, war unter Präsident Zine El Abidine Ben Ali inhaftiert und gefoltert worden. Nach der Revolution wurde er zunächst Innenminister in der neu gewählten Regierung. Seit März ist er Regierungschef.

"Wir werden eine Demokratie sein"

In Berlin bekräftigte Larayedh nach seinem Gespräch mit Merkel, dass Tunesien den Weg hin zu Rechtsstaatlichkeit und Demokratie fortsetzen wolle. "Wir arbeiten daran, dass sich Tunesien den demokratischen Staaten anschließt", sagte er. Larayedh zeigte sich zuversichtlich, dass Tunesien auch wirtschaftliche Fortschritte machen werde. Die Regierung setze darauf, verschiedene Schlüsselindustrien weiterzuentwickeln, darunter die Autozulieferung und den Energiesektor. In diesem Bereich wolle Tunesien vor allem die erneuerbaren Energien ausbauen. Bis 2030 wolle man den größten Teil des Energieverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen beziehen. Larayedh verwies darauf, dass keine einzige der mehr als 280 deutschen Firmen, die in Tunesien vertreten sind, das Land nach der Revolution vor zwei Jahren verlassen habe.

Islamisten und Feministinnen

Der Bedrohung durch islamistische Gruppierungen maß der tunesische Regierungschef keine große Bedeutung bei. Tunesien sei kein Durchgangsland für Dschihadisten, betonte er. Die meisten Salafisten seien friedlich und es gäbe nur kleine Gruppen, die Gewalt anwendeten und die Gesetze missachteten. Mit ihnen gehe man streng um und kooperiere auch intensiv mit den Nachbarstaaten im Bereich der Terrorbekämpfung. "Wir haben die Lage unter Kontrolle", unterstrich Larayedh.

Auf der Tagesordnung der beiden Regierungschefs stand auch die Frage nach den drei feministischen Aktivistinnen, die in Tunesien vor einer Woche verhaftet wurden. Unter den Frauen der Gruppe Femen, die nach einer barbusigen Protestaktion festgenommen wurden, ist auch eine Deutsche. Larayedh sagte zu, dass die Rechte der jungen Frauen gewahrt würden. Er könne sich jedoch nicht in den Prozess und in die Entscheidung des Gerichts einmischen.

Polizeibeamte nehmen protestierende FEMEN-Aktivistinnen vor dem Bundeskanzleramt in Berlin fest. Foto: DPA
Protest oben ohne vor dem KanzleramtBild: picture-alliance/dpa

Auch vor dem Kanzleramt in Berlin demonstrierten junge Frauen mit nacktem Oberkörper. Sie verlangten die Freilassung der in Tunesien inhaftierten Aktivistinnen. Die Polizei löste die nicht angemeldete Protestaktion jedoch schnell auf und erteilte den Frauen einen Platzverweis.