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Merkel und Putin in Petersburg

Roman Goncharenko21. Juni 2013

Das abgekühlte Verhältnis zwischen Deutschland und Russland hat einen neuen Tiefpunkt erlebt: Merkels Besuch in Sankt Petersburg sorgte für Überraschungen und beinahe für einen Eklat.

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Merkel und Putin in St. Petersburg 21.06.2013 (Foto:AP)
Bild: picture alliance/AP Photo

Es passiert nicht oft, dass die deutsche Bundeskanzlerin eine lange geplante Rede kurzfristig absagt. Noch seltener kommt es wohl vor, dass eine solche Rede am Ende doch noch gehalten wird. Der Besuch von Angela Merkel in Sankt Petersburg am Freitag (21.06.2013) sorgte zweimal für Überraschungen. Morgens hieß es, Angela Merkel werde nicht an der Eröffnung der deutsch-russischen Ausstellung "Bronzezeit - Europa ohne Grenzen" im berühmten Eremitage-Museum teilnehmen. Am Nachmittag dann die Kehrtwende. Merkel und Russlands Präsident Wladimir Putin haben die Ausstellung doch gemeinsam eröffnet. 

Hauptsächlich war Merkel nach Sankt Petersburg gekommen, um an einem internationalen Wirtschaftsforum teilzunehmen. Die Eröffnung der Ausstellung war eher ein Nebenereignis, das plötzlich in den Vordergrund geriet. Deutsche Medien sprachen von einem "Eklat". Auch die Journalisten in Sankt Petersburg waren überrascht.

Merkel fordert "Beutekunst" zurück

Die gemeinsame Ausstellung von drei russischen und zwei deutschen Museen besteht zum großen Teil aus sogenannter "Beutekunst". Rund 600 der insgesamt 1700 Exponate waren früher im deutschen Besitz. Sie waren nach dem Zweiten Weltkrieg von der Roten Armee in die Sowjetunion gebracht worden. Merkel fordert nun eine Rückgabe dieser Kunstschätze. "Wir sind der Meinung, dass diese Ausstellungsstücke zurück nach Deutschland kommen sollen“, sagte die Kanzlerin bei der Ausstellungseröffnung am späten Freitagabend.

Exponate aus Gold im Museum in der Adler-Apotheke Eberswalde (Foto:dpa)
"Der Schatz von Eberswalde" war früher in deutschem BesitzBild: Imago

Russland hat aber per Gesetz die im Krieg erbeutete Kunst zum nationalen Eigentum erklärt und lehnt deshalb jegliche Rückführung nach Deutschland ab. Putin hat diese Haltung in Sankt Peterburg noch einmal bekräftigt. Man solle sich über die Zusammenarbeit der Museen freuen und das Reizthema "Beutekunst" fallen lassen, sagte der Kremlchef.

Noch am Mittag hat es geheißen, Merkel werde die Schau nicht besuchen. Die Begründung: Die Ausstellung mit ihrem besonderen Hintergrund erfordere eine Einordnung durch eine eröffnende Rede. "Das war für den Gastgeber leider zeitlich nicht möglich", sagte in Berlin Vize-Regierungssprecher Georg Streiter. Der Programmpunkt sei "auf russischen Vorschlag" hin gestrichen worden. Mit anderen Worten: Putin wollte Merkel keine Zeit für eine Eröffnungsrede einräumen. Der Kremlchef habe die Kanzlerin darüber "relativ kurzfristig" informiert, sagte der Regierungssprecher.

Politische Abkühlung zwischen Berlin und Moskau

Die Irritationen um die zunächst abgesagte und dann doch gehaltene Rede Merkels ist ein weiteres Zeichen für die abgekühlten Beziehungen zwischen Berlin und Moskau. Seit Putins Amtsantritt als Präsident im Mai 2012 gibt es aus Berlin immer wieder deutliche Kritik an innenpolitischen Entwicklungen in Russland. Sie gipfelte in einer Resolution des Bundestages im Herbst anlässlich der deutsch-russischen Regierungskonsultationen. Darin zeigten sich die Abgeordneten unter anderem besorgt über neue Gesetze in Russland, die aus ihrer Sicht Teile der Zivilgesellschaft unter Druck setzen. Der Kreml verbat sich diese Kritik.

Manche Experten warnen bereits, dass sich die politische Abkühlung auch auf die Wirtschaft übertragen könne. Von dort kamen bislang stets nur gute Nachrichten. Aber die Stimmung könnte kippen. Der russische Präsident gab in Sankt Petersburg jetzt offen zu, dass das Klima für deutsche Investoren in Russland besser sein könnte. "Die Regierung und alle Behörden müssen zu einer Verbesserung beitragen", sagte Putin am Freitag auf dem Wirtschaftsforum.

Russische Arbeiter im Volkswagen-Werk in Kaluga, südwestlich von Moskau (Foto: ddp/AP)
Putin verspricht besseres Klima für deutsche InvestitionenBild: AP

Angela Merkel mahnte vor allem Rechtssicherheit in Russland an. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz zeigten sich der russische Präsident und die deutsche Kanzlerin dennoch zuversichtlich, dass die Beziehungen besser werden können. Sie waren sich einig, dass das Handelsvolumen von 80 Milliarden Euro im Jahr 2012 auf 100 Milliarden gesteigert werden könnte.