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Bewegung in Washington

Peter Philipp 21. Mai 2003

Am Donnerstag soll im UNO-Sicherheitsrat über eine neue Irak-Resolution abgestimmt werden. Das eine solche Abstimmung möglich sein würde, hätte vor kurzem niemand erwartet, meint Peter Philipp in seinem Kommentar.

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Die Zeit heilt Wunden – offenbar auch in Politik und Diplomatie. Sonst würde man nicht davon ausgehen, dass sich im UN-Sicherheitsrat eine Einigung abzeichnet zu einem Thema, zu dem die Meinungsverschiedenheiten vor wenigen Wochen noch unüberbrückbar schienen: Vermutlich schon diesen Donnerstag (22.5.) soll Einigung erzielt werden über das weitere Vorgehen im Irak.

Rolle der UNO

Damit dies geschehen kann, haben die USA einiges über Bord geworfen, was sie bisher für unverzichtbar hielten. So ist Washington nun offenbar bereit, den Vereinten Nationen eine wichtigere Rolle beim Wiederaufbau des Irak zuzugestehen als bisher: UNO- Waffenkontrolleure werden möglicherweise wieder in den Irak entsandt und ein von der UNO zu benennender Sonderbeauftragter für den Irak soll künftig eng mit Amerikanern und Briten zusammenarbeiten, die sich vorläufig das Recht reservieren, das von ihnen eroberte Land zu verwalten.

Selbst wenn solche Konzessionen nicht sonderlich groß erscheinen: Sie stellen doch ein klares Abrücken von der bisher geäußerten Meinung Washingtons dar – die UNO könne allenfalls mit humanitären Aufgaben im Irak beauftragt werden. Die USA legen sich allerdings auch weiterhin nicht fest, für wie lange sie ihre Verwaltung des Irak planen. Die Dauer einer solchen Verwaltung – die völkerrechtlich kaum etwas anderes sein dürfte als eine Militärbesatzung – wird aber wohl eher ein Jahr oder mehr betragen als einige Wochen oder Monate.

Zeichen von Ahnungslosigkeit

Es zeigt sich immer öfter, dass die USA zu optimistisch – oder auch zu ahnungslos? – waren, als sie nach dem Ende der offenen Kämpfe prognostizierten, schon Mitte Mai werde es eine erste irakische Übergangsregierung geben. Der Termin ist bereits vorbei und der neue Irak-Beauftragte Bremer ist vorsichtig geworden mit neuen Ankündigungen.

Washington hat jeden Grund zur Vorsicht, aber auch zum Handeln: Ankündigungen, die nicht eingehalten werden, erst recht aber die Zementierung einer Besatzungsverwaltung werden nur den Argwohn der Iraker stärken, die USA wollten den Irak so schnell nicht verlassen. Und solch ein Argwohn – bei vielen Irakern ohnehin vorhanden - kann schnell zu politischem Sprengstoff werden.

Chaos

Ein Übergang zu einer zivilen und vor allem demokratischen irakischen Regierung aber erscheint heute noch unmöglich. Dafür herrscht noch zu viel Chaos, dazu muss noch zu viel Aufbauarbeit geleistet werden. Vorschnelles Vorgehen hätte mit Sicherheit einen gegenteiligen Effekt und würde schaden. Aber ein zu langes Warten ist mindestens ebenso schädlich.

Mag sein, dass man dies in Washington einzusehen beginnt und sich deswegen konzilianter gegenüber jenen Staaten zeigt, die bisher amerikanische Alleingänge kritisiert hatten. So sollen jetzt Frankreich, Russland und vielleicht sogar Deutschland eingebunden werden. Selbst die NATO soll eine Rolle übernehmen können.

Noch ist der Rollenplan nicht klar umrissen, aber dass es ihn überhaupt gibt, lässt doch hoffen. So, wie auch zu hoffen gibt, dass George W. Bush nach bisher unbestätigten Berichten aus Washington vorhaben soll, in nächster Zeit den Nahen Osten zu besuchen, um etwas für den festgefahrenen Friedensprozess zu tun.