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Sport fördert und fordert Menschen mit geistiger Behinderung

12. Juni 2009

Der Deutsche Behindertensportverband (DBS) hat jetzt ein neues Projekt zur Förderung von Menschen mit geistiger Behinderung gestartet. Unter dem Motto "Bewegung leben" sollen sie in ihrer Freizeit sportlich aktiv werden.

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Das Projekt: Bewegung leben
Projekt "Bewegung leben"Bild: Uli Petersen

"Bewegung tut Deutschland gut" - unter diesem Motto wirbt der Deutsche Olympische Sportbund schon seit einiger Zeit für gesundheitsfördernde und regelmäßige Breitensportangebote im Alltag. Auch der Deutsche Behindertensportverband (DBS) unterstützt diese Kampagne nach Kräften. Er startete jetzt unter dem Motto "Bewegung leben" ein neues Projekt, das sich besonders an Menschen mit geistiger Behinderung richtet. Das Ziel: Die gehandicapten Menschen sollen sportlich aktiv werden, einen vielseitigeren Alltag erleben und besser in die Gesellschaft eingegliedert werden.

Für viele Menschen mit Behinderung bilden Sportangebote oft eine große Hemmschwelle. Wegen ihrer geistigen oder körperlichen Einschränkungen ist es für sie gar nicht so einfach, zum Beispiel einen Ball zu werfen, eine kurze Strecke zu rennen oder sich gar im Wasser zu bewegen. Um vor allem die Scheu vor der Bewegung zu nehmen, geht der Deutsche Behindertensportverband jetzt aktiv auf die Menschen mit Handicap zu.

"Wir wollen die Leute an die Hand nehmen"

Sport fördert Menschen mit geistiger Behinderung
Sport fördert Menschen mit geistiger BehinderungBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

In Werkstätten und Einrichtungen, in denen in Deutschland viele Menschen mit geistiger Behinderung arbeiten, sollen in der Freizeit Sport- und Bewegungsangebote gemacht werden. Ralf Kuckuck von der DBS-Akademie aus Steinfurt beschreibt die Absicht des Projektes "Bewegung leben" so: "Wir wollen die Leute an die Hand nehmen und ihnen zeigen, dass Bewegung, Spiel und Sport was mit Spaß zu tun haben. Wir wollen, dass sie in einer Gruppe regelmäßig zusammen kommen und sich dort irgendwie bewegen. Das ist unser Ziel."

In Deutschland leben knapp 500.000 Menschen mit geistiger Behinderung. Aber weniger als 50.000 sind bisher Mitglieder in einer Gruppe oder einem Sportverein, wo sie sich regelmäßig bewegen können. Die Verantwortlichen des Projektes hoffen, dass sie gerade in den Werkstätten und Einrichtungen viele Menschen mit Behinderung finden, die sie für Bewegung und Sport begeistern können. Mit-Initiatorin Claudia Seehusen betont: "Der Sinn ist es, in diesen Betriebsstätten etwas nachhaltig und langfristig zu etablieren. Das heißt, dort reinzugehen, Strukturen zu stärken und die Menschen dort zu aktivieren. Wir wünschen uns, dass es am Ende an jedem Standort einen Verein gibt, in dem diese Menschen dann langfristig und regelmäßig Sport treiben können."

Teilnehmer sind begeistert bei der Sache

Die Marathon Staffel des deutschen Down-Syndrom Info Center beim Training in Fürth, Foto: dpa
Die Marathon Staffel des deutschen Down-Syndrom Info CenterBild: picture-alliance/ dpa

Claudia Seehusen hat mit ihrer Agentur einen Geldgeber für das Projekt gefunden: Mit 40.000 Euro finanziert ein großer Elektronikkonzern die Startphase des Projektes im Jahr 2009 und die Ausbildung von qualifizierten Übungsleitern. Schon bei der ersten Veranstaltung in den Alsterdorfer Werkstätten in Hamburg zeigte sich, dass diese Investition sinnvoll ist. Etwa 40 Menschen mit geistiger Behinderung waren mit Feuereifer bei der Sache, als die Übungsleiter mit ihnen ganz einfache Bewegungsspiele machten.

So wurde zum Beispiel Zeitungspapier zusammengeknüllt und durch den Raum geworfen, Bälle hin- und hergerollt oder sich zu Musik im Kreis bewegt. Bernhard, einer der Teilnehmer aus der großen Gruppe, war mit dem Angebot vollkommen einverstanden: "Das hat Spaß gebracht, aber ich bin fertig." Auch bei Martin kam die Auftaktveranstaltung mit dem abwechslungsreichen Bewegungsprogramm gut an: "Ich mache gerne nochmal mit. Für mich kann es gar nicht genug Sport sein."

Klare Abgrenzung vom Leistungssport

Wichtig ist dem Deutschen Behindertensportverband, dass das Projekt "Bewegung leben" klar von anderen Kernbereichen seiner Arbeit getrennt wird. Denn es geht hier nicht darum, etwa Talente für den Leistungssport behinderter Menschen oder gar zukünftige Medaillengewinner für die Paralympics zu sichten. Ludger Elling aus dem DBS-Präsidium betont: "Wir wollen die Menschen mit Behinderung durch Bewegung und Sport besser in die Gesellschaft eingliedern." Sein Kollege Ralf Kuckuck fügt hinzu: "Diese Menschen sind zum Teil gar nicht in der Lage, ein Fußballspiel oder ein Basketballspiel mit seinen Regeln zu verstehen. Aber sie bewegen sich gerne, und das ist die Hauptsache."

Aus diesem Grund beschränkt sich das Projekt "Bewegung leben" auf die vier Säulen "Bewegung und Sport mit Alltagsmaterialien", "Kleine Spiele", Gymnastik/Tanz" und "Psychomotorik". Bei Bernhard und all den anderen Teilnehmern der ersten Projekt-Veranstaltung kam das Angebot auf jeden Fall gut an: "Wenn man da mitmacht in der Freizeit, dann kann man gut fit bleiben. Und ich will ja fit bleiben und nicht mit 60 schon im Rollstuhl sitzen. Ich will noch nicht zum alten Eisen gehören."

Autor: Uli Petersen

Redaktion: Arnulf Boettcher