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Sport im Spaziergang

Matthias Lauerer13. März 2014

Mal eben etwas für die Fitness tun - dazu sollen uns öffentliche Sportgeräte motivieren. Und das scheint bei Jung und Alt zu funktionieren. In Deutschland wurden bereits 400 solcher Anlagen eröffnet.

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Isa Roth probiert zusammen mit ihrer vierjährigen Tochter die Geräte des Fitnessparcours in Bonn aus (Foto: DW/Lauerer).
Isa Roth probiert zusammen mit ihrer vierjährigen Tochter die Geräte des Parcours ausBild: DW/M. Lauerer

Ein sonniger Tag neigt sich allmählich dem Ende zu. Am Brüser Berg in Bonn werden die verbleibenden Stunden Tageslicht jedoch noch sinnvoll genutzt: An der Anlage geht es sportlich zu, denn hier stehen sechs Sportgeräte zur freien Verfügung für jedermann - darunter zum Beispiel eine Slackline zum Balancieren, ein Armzug oder ein Beinstrecker.

An genau diesem Gerät des Fitnessparcours macht gerade ein schwer atmender Jogger Halt. Er beginnt routiniert mit seinen Übungen: Die Füße zieht er immer wieder im 90-Grad-Winkel nach oben, dabei zählt er laut mit. Während einer kurzen Pause erzählt er, dass er regelmäßig hierher kommt. "Für mich ist es einfach die beste Möglichkeit meinen Körper ohne Geld zu trainieren."

Solche "4Fcircle"-Sportzentren - kurz für "Fit, Free, Fun und Function"- von dem deutschen Produzenten "playparc" sieht man heute immer häufiger: Über 400 Anlagen wurden bislang errichtet. Abhängig von der Anzahl der Geräte, können die Kosten für ein großes Anlage dann schon mal bei gut 110.000 Euro liegen.

Eine Erklärtafel im Fitnessparcour in Bonn (Foto: DW/Lauerer).
An den Tafeln werden die Übungen erklärt - für Anfänger, Fortgeschrittene oder ProfisBild: DW/M. Lauerer

Investition zahlt sich aus: Nutzung bestätigt

Je nach Bedarf, ist es Ausdauer, Kraft oder Koordination, die sich intensiv oder entspannt trainieren lassen. Ob Freizeitsportler nun das Balancieren üben, Liegestütze machen, oder am Beinheber trainieren: Die Trainingsmöglichkeiten, die sich schnell in den Alltag integrieren lassen, kommen an und werden von vielen Menschen genutzt - zu dem Ergebnis kam die Münchener Sporthochschule, die die Parcours wissenschaftlich begleitet und deren Nutzung evaluiert hat. Auch die körperlichen Fähigkeiten der Teilnehmer solle sich nach regelmäßigem Training verbessert habe.

Im Rahmen eines anderen Projekts des Hessischen Sozialministeriums und der der Hochschule RheinMain wurde ein bestimmter Bewegungsparcours in Hanau beobachtet. Fazit der 94 Seiten umfassenden Studie: "189 Erwachsene und Jugendliche nutzten an den drei Untersuchungstagen den Parcours im Schlosspark Hanau. Der Anteil der älteren aktiven Erwachsenen über 50 Jahren und Senioren über 65 Jahren liegt mit etwa 30 Prozent aller aktiven 'Erwachsenen und Jugendlichen' sehr hoch. Von den 50 bis 65-Jährigen trainierten etwa zwei Drittel intensiv zwischen 15 und 30 Minuten."

Seit Anfang 2012 empfiehlt auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) die Nutzung der Sportanlagen: "Diese Parcours sind eine motivierende Bewegungsidee für alle, die mit Spaß im Freien mit alltagsnahen Übungen etwas für die eigene Gesundheit tun wollen", sagt die Direktorin Sportentwicklung im DOSB, Karin Fehres.

Für Alt und Jung

Kurz nach dem Jogger kommt auf dem Fahrrad Isa Roth angefahren. Im Anhänger sitzt die vierjährige Tochter Antonia. Gemeinsam wollen die beiden heute zum ersten Mal die Übungen ausprobieren. Der Armzug aus dem Modul "Kraft" soll es sein.

Mutter Isa hängt sich in das Gerät, beginnt zu schaukeln und zieht sich dann sachte nach oben. Tochter Antonia steht skeptisch dreinblickend daneben. Dann erklimmt sie ihre Mama und beide schwingen gemeinsam. "Ich laufe seit Jahren Triathlon und Marathon, liebe Sport und hoffe, dass sich meine Begeisterung auch auf Antonia übertragen lässt."

Die Geräte der Anlage gefallen ihr gut, denn "sie sind einfach konstruiert, aber effektiv. Und es erstaunt mich, wie oft sie benutzt werden", sagt die 42-Jährige.

Öffentlichen Raum gemeinsam nutzen

Andrea Kuhlmann kennt die Hintergründe des Trends. Die Wissenschaftlerin forscht seit gut zehn Jahren am Institut für Gerontologie an der Technischen Universität Dortmund. "In einer alternden Gesellschaft gibt es mehr Überlegungen dazu, wie der öffentliche Raum generationenfreundlich gestaltet werden kann.

Die Kommunen greifen dieses Modell auf, weil unterschiedlichen Generationen ein sportliches Präventionsprogramm geboten wird." Dann zieht die Wissenschaftlerin einen spannenden Vergleich: "Es gibt Parallelen zu sportlichen Gruppenaktivitäten im asiatischen Raum. Dort wird Sport in öffentlichen Parks praktiziert. Das Miteinander, das 'Erfolge sehen' ist wichtig. Man kann diese kleine Fitnesseinheit mit anderen Besorgungen verbinden und schnell erledigen."

Gesellschaftliche Veränderungen

Im Gegensatz zu den Trimm-Dich-Pfaden der 1970er Jahre werden die neuen Generationenparcours eher mitten in der Stadt aufgebaut. Man treffe dort leichter Gleichgesinnte und macht Übungen in Gesellschaft, sagt die Wissenschaftlerin. "Das motiviert ungemein." Sie glaubt, "dass wir tiefer greifende gesellschaftliche Veränderungen erleben. Denn Prävention und Gesundheitsförderung ist in jedem Alter sinnvoll und möglich."