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Ruhe im Regenwald

Ranty Islam4. August 2008

Eindämmung der Tropenabholzung, wenn die Welt zahlt – dieses Angebot Brasiliens könnte ein Vorbild für die Lastenverteilung im globalen Klimaschutz werden. Doch Experten sehen Nachbesserungsbedarf.

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Waldecke mit angrenzender großer gerodeter Fläche (Terra do Meio - Brasilien, September 2004, Quelle: AP)
Die Abholzung des Regenwaldes geht bislang unvermindert weiter (Archivbild)Bild: AP
Manni nhellem Anzug zeigt mit ausgestrecktem rechtem Arm nach vorne (20.8.07, Brasilia - Brasilien, Quelle: AP)
Präsident Lula - sammelt Geld für den Schutz des RegenwaldesBild: AP

Brasiliens Präsident Luis Inacio Lula da Silva sammelt Geld. Viel Geld. Bis zum Jahr 2021 will er insgesamt 21 Milliarden Dollar (13,5 Mrd. Euro) zusammenhaben. Eingezahlt wird in den Amazonas-Fonds, den der brasilianische Staats- und Regierungschef am vergangenen Freitag (01.08.2008) vorstellte. Der Zahlungsaufruf richtet sich in erster Linie an die Industrienationen des Nordens. Mit ihrem Geld soll der Fonds im Kampf gegen den Klimawandel helfen, indem er der Bevölkerung des Amazonas-Gebiets wirtschaftliche Alternativen zur Abholzung des Regenwaldes erschließt. Innerhalb eines Jahres sollen zunächst eine Milliarde Dollar zusammenkommen. Der Fonds wird von der Nationalen Entwicklungsbank des Landes verwaltet.

Der von Lula vorgestellte Fonds hat Ähnlichkeiten mit dem Angebot des ecuadorianischen Präsidenten Rafael Correa. Der hatte erst Anfang Juli ein Angebot bis zum Herbst verlängert, das vorsieht, ein großes Ölfeld im ecuadorianischen Amazonas-Gebiet nicht zu öffnen, wenn die internationale Gemeinschaft sich bereit erklärt, dafür zu zahlen. In dem Fall ging es allerdings "nur" um mehrere Hundert Millionen Dollar Ausfall-Entschädigung. Im Gegenzug würde durch den Verbleib des Öls im Boden der Ausstoß des Kohlendoxids, das bei der Verbrennung freigesetzt wird, vermieden.

Neuer Vorstoß – alte Idee

Leitungen die in einem grünen Dickicht verschwinden, im Hintergrund Bäume (5.8.04, Yasuni Nationalpark - Ecuador, Quelle: dpa)
Pipeline im ecuadorianischen Regenwald: Gegen Geld soll Öl demnächst unter der Erde bleibenBild: picture-alliance / dpa

Lassen im Kampf gegen den Klimawandel auch andere Länder am Äquator demnächst Kettensägen und Ölpumpen ruhen, wenn die Welt zahlt? Die Vorstöße Ecuadors und Brasiliens werfen die Frage auf, ob ein großangelegter Geldtransfer dieser Art von Nord nach Süd ein Weg ist, weltweite Klimaschutzziele umzusetzen. Grundsätzlich neu ist die Idee nicht. Als Teil des Kyoto-Klimaschutz-Protokolls wurde etwa der sogenannte "Clean Development Mechanism" (CDM) entwickelt. Dadurch können Industriestaaten Emissionsrechte "erkaufen", indem sie Projekte in den Entwicklungsländern finanzieren, die entsprechende Mengen an Treibhausgasen einsparen.

Dem brasilianischen Vorstoß noch näher kommt der Multilaterale Fonds, mit dem die Industrienationen in den Neunziger Jahren versuchten, den globalen Ausstoß von Chemikalien zu reduzieren, die die Ozonschicht der Erde angreifen: Reiche Nationen zahlten in den Fonds, mit dessen Geldern armen Ländern die Umstellung auf für die Ozonschicht unschädliche Stoffe, etwa in Kühlgeräten oder Feuerlöschern, erleichtert werden sollte.

Zentraler UN-Fonds "sinnvoller"

Sprühdose besprüht ein Modell eines Erdglobus (Quelle: dpa)
Vorbild: der Fonds zum Abbau von Treibhausgasen, die die Ozonschicht zerstörenBild: picture-alliance/dpa

In dem Unterschied zwischen dem von den Vereinten Nationen (UN) verwalteten Multilateralen Fonds und dem brasilianischen Fonds sehen Experten ein Problem: Dass der Norden die Entwicklungsländer für deren Beitrag zum Klimaschutz entschädigen müsse, sei ohne Alternative, sagt Christoph Thies, Koordinator der Waldkampagne bei Greenpeace. Ein Fonds sei dafür ein gutes Modell, wenn nachvollziehbar und überprüfbar sei, wo das Geld lande. Er "muss transparent arbeiten und für alle Länder gleiche Bedingungen stellen", so Thies. Darauf schauten besonders die Geberländer. Projekte einzelner Länder könnten diese Einheitlichkeit schwerlich bieten. "Ein zentraler, von der UN verwalteter Fonds ist da viel sinnvoller", sagt Thies und verweist auf das Vorbild des Multilateralen Fonds zum Schutz der Ozonschicht.

Gerade ein solcher multilateraler Ansatz scheint den Brasilianern Bauchschmerzen zu bereiten: Gleich bei der Vorstellung des Fonds stellte Minister Roberto Mangabeira Unger klar, dass die Welt eingeladen sei, die Klimaschutz-Initiative finanziell zu unterstützen – in seine Politik hineinreden lasse sich Brasilien aber nicht. Ob sich die Industrieländer damit begnügen als Zahlmeister ohne eigenen Gestaltungsspielraum aufzutreten, sei aber fraglich, sagt Sonja Peterson, Leiterin der Abteilung Umwelt und Natürliche Ressourcen am Kieler Institut für Weltwirtschaft. Sie macht ein weiteres Problem aus: Mit nationalen Fonds bestehe auch die Gefahr, "dass eine Drohkulisse aufgebaut wird", die nur noch die Alternativen zulasse: Abholzung oder finanzielle Entschädigung. Ein globaler Emissionshandel mit verpflichtenden Klimazielen sei die beste Lösung, sagt Peterson.

Brasilien als Vorreiter wichtig

Der Amazonas-Fonds sei dennoch eine gute Idee, meint Greenpeace-Waldexperte Thies. Brasiliens wachsende Wirtschaft und die Tatsache, dass der größte Teil des Amazonas-Regenwaldes dort liege, ließen dem Land eine besondere Rolle zukommen. "Wenn Brasilien als eines der stärksten Länder des Südens hier vormarschiert, ist das keine schlechte Sache", sagt Thies. Auch einige Geberländer sehen das ähnlich: Norwegen wird nach Angaben der brasilianischen Entwicklungsbank im September eine erste große Summe in den Amazonas-Fonds einzahlen: 100 Millionen Dollar.

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