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Was tun gegen Krawalle

Wolfgang van Kann (rri)12. November 2007

Die Fußballwelt ist geschockt von den Krawallen in Italien, nachdem ein Fan offenbar versehentlich von einem Polizisten erschossen wurde. Was tut man in Deutschland, um solche Ausschreitungen zu verhindern?

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Nächtliche Straßenszene, brennende Autos (Quelle: AP)
Fußball-Fans rasten aus: Krawalle in ItalienBild: AP

Eins sollte man gleich zu Beginn klarstellen – Deutschland ist in Bezug auf das Fanverhalten sicherlich kein Paradies, aber die Verhältnisse sind zwischen Italien und Deutschland praktisch nicht vergleichbar. Arbeitet man sich durch die Meldungen der vergangenen Monate und Jahre durch, stellt man eindeutig fest, dass im europäischen Bereich die mit Abstand größte Anzahl an Ausschreitungen rund um Fußballspiele in Italien zu beobachten ist.

Randale gehört im italienischen Fußball zum Alltag, die Gewaltbereitschaft der italienischen Fans ist wesentlich stärker ausgeprägt als die der Fans in anderen europäischen Ländern. Hier hat man es aber weniger mit einem im Fußball verhafteten Problem zu tun, als vielmehr mit einem grundsätzlichen Problem einer Gesellschaft, in der das Verhältnis zur Gewalt anders ist, als wir es kennen.

Problem der unteren Ligen

Ausschreitungen rund um Fußballspiele sind in Deutschland nicht nur deutlich gewaltärmer, vor allem aber auch wesentlich seltener. Die Hochzeit der Ausschreitungen von Fußballfans waren die 1980er und 90er-Jahre, als praktisch jede Partie als Krisenszenario betrachtet werden musste. Seither hat sich allerdings viel getan und größere Ausschreitungen findet man nur noch in den unteren Klassen, während sie in der 1. und 2. Bundesliga inzwischen praktisch unbekannt sind.

Fußballspiele der oberen Klassen sind in Deutschland heute Ereignisse, die von einer enormen Sicherheitsmaschinerie begleitet werden. Großaufgebote der Polizei sichern nicht nur die Stadien, sondern auch den Weg der Fans dorthin – in besonderen Fällen werden die Gästefans regelrecht ins Stadion eskortiert. Dort sorgen Logistiker dafür, dass die beiden Fangruppen wenn irgend möglich getrennt voneinander untergebracht werden. Die Tribünen werden direkt von der Polizei aber auch indirekt mit Videokameras überwacht – Big Brother ist hier längst Realität.

Fanbetreuer im Block

Zwei Polizisten in Schutzuniform, dahinter Rauch und umherlaufende Leute (Quelle: dpa)
Fußballgewalt - in Deutschland vorwiegend in den unteren LigenBild: picture-alliance/ ZB

Bei besonders kritischen Partien oder internationalen Begegnungen fangen die Sicherheitsmaßnahmen oft auch schon wesentlich früher an, wenn die Karten nicht mehr unkontrolliert, sondern nur noch gegen Namensangabe verkauft werden. Selbst Grenzkontrollen sind dann in einem eigentlich grenzenlosen Europa wieder möglich.

Aber auch die Fans selber, die Vereine und der DFB tun das Ihrige dazu. So genannte Fanbetreuer – die teilweise sogar extra geschult sind – suchen schon lange vor einer Partie den Kontakt zu den Fans, organisieren Freundschaftsaktionen und begleiten die Partien auf den Tribünen, um de-eskalierend eingreifen zu können. Sollte dann doch einmal ein lernunwilliger Fan durchrutschen, werden Stadionverbote inzwischen schnell ausgesprochen.

Null-Toleranz und Schnellgerichte

Angesichts all dieser Aktionen ist aber auch sofort klar, warum es Ausschreitungen heute in Deutschland vorrangig in den unteren Ligen gibt – hier fehlen schlicht und einfach die Finanzen und das Personal, um all das zu realisieren, was in den oberen Klassen geholfen hat. Ein weiteres, zuletzt verstärkt auftretendes Problem, sind – besonders in den Stadien der ostdeutschen Vereine – die rechtsradikalen Tendenzen, unter denen vor allem ausländische Spieler und Besucher zu leiden haben. Hier ist zweifellos in Deutschland noch großer Handlungsbedarf vorhanden.

Vielleicht lohnt ja ein Blick nach England. Die Briten haben die bittere Hochzeit der Fanausschreitungen am besten verarbeitet – Zwischenfälle sind dort inzwischen praktisch unbekannt. Der Grund ist wahrscheinlich einfach. Die britischen Vereine, Verbände und Behörden greifen noch viel härter durch als ihre Pendants in Deutschland. Ihre Null-Toleranz-Politik führt teilweise sogar dazu, dass erwischte Täter noch am selben Tag von Schnellgerichten abgeurteilt werden.