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"Bild"-Redakteure streiten über Islam

28. Juli 2014

Das gab es noch nie im deutschen Zeitungswesen. Die führenden Redakteure der "Bild"-Gruppe streiten auf offener Bühne. Anlass ist ein islam-kritischer Kommentar.

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Musliminen in Deutschland (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Ein islamkritischer Kommentar in der Zeitung "Bild am Sonntag" ("BamS") hat im Springer-Verlag Widerspruch von prominenter Stelle hervorgerufen. Der Chefredakteur der "Bild"-Zeitung und Herausgeber der gesamten "Bild"-Gruppe, Kai Diekmann, ging, ohne seinen "BamS"-Kollegen zu erwähnen, auf Distanz:

"Bei Bild und Axel Springer ist (...) kein Raum für pauschalisierende, herabwürdigende Äußerungen gegenüber dem Islam und den Menschen, die an Allah glauben", schrieb Diekmann in einem Kommentar auf Seite Zwei der Montagsausgabe der "Bild", der mit rund 2,5 Millionen verkauften Exemplaren größten deutschen Tageszeitung und "Leitwolf" des Boulevards.

"Islam stört"

Tags zuvor war der stellvertretende Chefredakteur von "Bild am Sonntag", Nicolaus Fest, in die Vollen gegangen. Der Islam störe ihn immer mehr, schrieb der Journalist in einem Kommentar. Er sprach unter anderem von "totschlagbereiter Verachtung des Islam für Frauen und Homosexuelle", Zwangsheiraten, Ehrenmorden und "antisemitischen Pogromen". Der Islam sei ein Integrationshindernis. Noch am Sonntag erntete Fest Widerspruch von seiner Vorgesetzten. "Bams"-Chefredakteurin Marion Horn twitterte: "Ganz deutlich: Wir sind nicht islamfeindlich! Ich entschuldige mich für den entstandenen Eindruck."

Titelseite der "Bild"-Zeitung vom 25.07.2014 (DW-Foto: Per Henriksen)
Titelseite der "Bild"-Zeitung vom 25.07.2014Bild: DW/P. Henriksen

Die "Bild"-Zeitung hatte am vergangenen Freitag auf Seite Eins zu einer breiten Bewegung gegen Antisemitismus und für Toleranz aufgerufen, nachdem es wegen des Gaza-Konflikts in Deutschland und anderen Ländern immer wieder Demonstrationen mit antisemitischen Äußerungen gegeben hatte. Diese Parolen und die Diskussionen darüber waren auch Anlass für Fests Beitrag, wie ein Sprecher des Springer-Verlags sagte.

Diekmann sprach in seinem Gegen-Kommentar zu Fest von einer "Trennlinie" zwischen Islam und Islamismus und zitierte Springer-Vorstandschef Döpfner mit den Worten: "Wer heute gegen den Islamismus kämpft, kämpft für einen aufgeklärten, starken, gesellschaftlich selbstverständlich verankerten erfolgreichen Islam." Es sei "nicht antimuslimisch, gegen den Islamismus zu sein. Im Gegenteil", wurde Döpfner weiter zitiert.

"Rassismus pur"

Der Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu von den Grünen verfasste auf Einladung Diekmanns einen Gastbeitrag für die "Bild"-Zeitung. Fests Kommentar sei für ihn "Rassismus pur", schrieb Mutlu. Die "Hasstiraden" des Autors schürten ohne Not Vorurteile, Ängste und Menschenfeindlichkeit.

Fest selbst äußerte sich nicht mehr. Ein Sprecher des Springer-Verlages sagte, Kommentare seien in der Regel die "Einzelmeinungen" eines Autors. Sie gäben nicht den Standpunkt der Redaktion wieder. Das habe Kai Diekmann im aktuellen Fall unmissverständlich klargestellt. Gefragt nach möglichen personellen Konsequenzen sagte der Sprecher, es handle sich um "eine publizistische und nicht um eine arbeitsrechtliche Debatte".

wl/kle (dpa, "Bild")