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Atomkraft in Deutschland

25. Juli 2009

Umstritten - die friedliche Nutzung der Kernenergie bei der Stromerzeugung spaltet nicht nur Atome, sondern auch die Meinungen in Deutschland.

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Transparent zum Abschalten deutscher Atomkraftwerke (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance / dpa
Das erste Atomkraftwerk Deutschlands Kahl am Main (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance / dpa

Deutschland nutzt die Atomkraft seit fast 50 Jahren zur Energiegewinnung. Das erste Atom- oder Kernkraftwerk ging 1960 in Betrieb, in der Nähe von Großwelzheim/Karlstein, einer kleinen Gemeinde im nordwestlichen Bayern. Nach über 25 Jahren wurde es 1985 stillgelegt. Inzwischen sieht man nichts mehr von dem Kraftwerk, es wurde vollständig zurückgebaut. Übriggeblieben ist nur das Atomzeichen im Wappen der Gemeinde Karlstein.

Karte von Deutschland mit Standorten der deutschen Atomkraftwerke (DW-Grafik)
Bild: DW

Bis etwa zur Mitte der 1970er-Jahre war die Nutzung der Atomkraft zur Stromgewinnung in Deutschland weitgehend akzeptiert. Lange Zeit galt sie als sichere und saubere Lösung im Energiesektor - aktuell gibt es 17 Kernkraftwerke an 12 Standorten im ganzen Bundesgebiet.

Anti-Atomkraft Demonstranten stehen in Brokdorf vor dem Baugelände, das durch Stacheldraht und Polizeikräfte abgesichert ist. (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance / dpa

Ab Mitte der 70er-Jahre regte sich gesellschaftlicher Protest gegen den weiteren Ausbau der Kernenergie. Im norddeutschen Brokdorf kam es zu jahrelangen, zum Teil gewalttätigen Protesten gegen den Bau des Kernkraftwerks. Nur mit massivem Polizeieinsatz - bis zu 10.000 Polizisten - war der Bau durchzuführen. 1986 ging das AKW Brokdorf ans Netz.

Jürgen Trittin und Fritz Kuhn von den Grünen halten mit anderen Atomkraftgegnern ein Plakat: "Sicher ist nur das Risiko" (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance / dpa

Eine ganze Partei verdankt der Atomkraft ihre Entstehung. Nach Anfängen im lokalen Bereich gründeten sich 1980 "Die Grünen" als bundesweite Partei. Die Anti-Atomkraft-Partei ist inzwischen eine fest etablierte Größe im deutschen Parteienspektrum.

Luftaufnahme vom zerstörten Kernkraftwerk Tschernobyl (Foto: AP)
Bild: AP

Der Super-GAU in Tschernobyl 1986 führte in Deutschland zu einem Umdenken in Sachen Kernenergie. Verbraucher und Landwirte waren extrem verunsichert durch die radioaktive Belastung, die von Tschernobyl ausging. Die SPD übernahm die grüne Forderung nach einem Atomausstieg. Auch CDU und FDP sprachen nun vom Atomstrom als einer "Übergangsenergie".

Kernkraftgegner haben an der Fassade eines Vattenfall-Gebäudes ein Plakat befestigt mit der Aufschrift: "Atomausstieg jetzt!" (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Im Jahre 2000 vereinbarte die damalige rot-grüne Bundesregierung mit den Atomkraftbetreibern den geregelten Ausstieg. Der sogenannte Atomkonsens legt für jedes AKW Endlaufzeiten fest. Diese richten sich allerdings nicht nach bestimmten zeitlichen Maßgaben, sondern nach Strommengen. Wird ein Kraftwerk zwischendurch ausgeschaltet oder seine Produktion reduziert, verlängert sich automatisch die Restlaufzeit. Kritiker werfen Betreibern wie Vattenfall oder e.on vor, sie versuchten, sich so über die Legislaturperiode zu retten, um bei einem möglichen Wahlsieg von Union und FDP im Herbst 2009 über den Ausstieg neu zu verhandeln.

Strommasten in langer Reihe (Foto: AP)
Bild: AP

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes liefern die 17 Atomkraftwerke in Deutschland rund 23 Prozent des Stroms. Größte Stromproduzenten sind weiterhin die Kohlekraftwerke mit 44 Prozent, die erneuerbaren Energien (Wind, Wasser, Solar und Biomasse) produzieren zusammen 18 Prozent.

e.on Zentrale in Essen, im Vordergrund Firmenfahnen und ein großes Firmenschild (Foto>: AP)
Bild: AP

E.on ist einer der größten Energiekonzerne weltweit und einer der größten Kernkraftwerks-Betreiber in Deutschland. Der Energieriese ist Miteigentümer von 11 der 17 deutschen AKWs. Auch an dem Pannenreaktor Krümmel ist e.on zu 50 Prozent beteiligt.

Die Befürworter sehen im Atomstrom eine sichere und umweltschonende Art, Strom zu gewinnen. Beim Einsatz der Kernenergie werde kein klimaschädliches CO2 freigesetzt, die Risiken seien kontrollierbar, der Atommüll sicher zu lagern und die Abschaltung der Kraftwerke werde dazu führen, dass in Deutschland "die Lichter ausgehen".

Hunderte Atomkraft-Gegner bei einer nächtlichen Sitzblockade (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance / dpa

Die Gegner weisen auf die inzwischen zahlreichen Pannen auch in deutschen Kraftwerken hin, die die These von der Sicherheit der Kraftwerke relativiere. Auch die Klimabilanz falle nicht so positiv aus wie suggeriert, denn beim Abbau des benötigten Urans werde sehr wohl CO2 freigesetzt. Ein weiteres Argument der Kernkraftgegner ist das ungelöste Problem der Endlagerung von Atommüll.

Zwei Arbeiter kontrollieren im Atomlager Asse die Radioaktivität (Foto: AP)
Bild: AP

16 sogenannte "Zwischenlager" gibt es in Deutschland, eins davon ist das Lager Asse, ein ehemaliges Salzbergwerk in Niedersachsen. Von 1967 bis 1978 wurden dort mehr als 126.000 Fässer mit radioaktiven Substanzen eingelagert. Seit Jahren strömt salzhaltige Lauge in das Bergwerk ein, es gilt als einsturzgefährdet.

Autorin: Rachel Gessat
Redaktion: Sandra Petersmann