1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Bildergeschichten: Schwestern, zur Sonne, zur Freiheit!

Tillmann Bendikowski2. Juni 2014

Wir stellen jede Woche ein Bild vor und erzählen seine Geschichte. Diesmal gehen wir zurück in das Jahr 1920: Frauen reden in den deutschen Parlamenten mit.

https://p.dw.com/p/1CARG
Clara Zetkin 1920
Bild: ullstein bild

Es ist völlig unnötig, dass Clara Zetkin hier vor dem Reichstagsgebäude in Berlin den Stock schwingt: Die Männer in der deutschen Politik haben auch so ausreichend Respekt vor der einflussreichen und selbstbewussten Kommunistin. Ähnliches gilt für ihre Begleiterinnen, Lore Agnes (links) und Mathilde Wurm von der USPD, die sich als linke Partei von der SPD abgespalten hat. Die drei Politikerinnen zählen im Jahr 1920 zu jener Riege von 37 wackeren Frauen im Deutschen Reichstag, die gerade einmal acht Prozent der Abgeordneten stellen und rund 400 männlichen Kollegen gegenüberstehen.

Erst im Jahr zuvor galt bei den Wahlen zur Deutschen Nationalversammlung erstmals reichsweit ein aktives und passives Wahlrecht für Frauen. Diesem Schritt waren jahrzehntelange Debatten um das Frauenwahlrecht vorausgegangen. Die Männerwelt bemühte sich in ihrer großen Mehrheit darum, den Frauen eine strukturelle Unfähigkeit zum politischen Denken nachzuweisen. Der Historiker Heinrich von Sybel konnte 1870 noch erklären, Frauen seien von Natur aus "zu logischem Raisonnement" und "methodischer Dialektik" unfähig – man dürfe sie nicht wählen lassen.

Politische Unterstützung erhielten die Frauen in der Folgezeit vor allem von der SPD, die bereits 1891 das Frauenwahlrecht in ihr Programm aufnahm. Clara Zetkin, seit 1907 auch Führerin der Sozialistischen Fraueninternationale, trieb die Agitation maßgeblich voran – auch weil sie ein anderes Wahlrecht als Mittel des Klassenkampfes verstand: Es sei eine "Waffe", eine "Kugel" gegen die bürgerliche Gesellschaft. Als 1919 dann beeindruckende 89 Prozent der nunmehr wahlberechtigten Frauen zur Urne gingen, entschieden sie sich mehrheitlich für die Weimarer Koalition aus SPD, Demokraten und dem katholischen Zentrum: Die Frauen in Deutschland wählten und stärkten damit die junge Demokratie in einem politisch wichtigen Moment deutscher Geschichte.

Clara Zetkin hatte sich da allerdings bereits von der Sozialdemokratie abgewendet und blieb auch fortan der KPD treu. Lore Agnes und Mathilde Wurm hingegen kehrten nach dem Ende der USPD 1922 zur SPD zurück. Alle drei blieben bis 1933 Mitglieder des Reichstages, als die kurze und stolze Zeit der parlamentarischen Demokratie und die Mitwirkung engagierter Frauen ihr vorläufiges Ende fand.