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Billigreise oder Balkonurlaub?

13. März 2009

Urlaub trotz Wirtschaftskrise – sollte man es wagen? Und wie teuer darf das Vergnügen dann noch werden? Jeder siebte Deutschen lässt sich bei der Planung des Urlaubs vom Konjunktureinbruch beeinflussen, so eine Studie.

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Balkone eines Magdeburger Wohnhauses (Quelle: dpa)
Auf dem heimischen Balkon ist Urlaub am günstigstenBild: picture-alliance/ ZB

Krise, das ist ein Wort, das man auf der Internationalen Tourismusbörse gar nicht gerne hört. Bunt, fröhlich und optimistisch soll es auf der ITB zugehen, es geht um die Lust zu reisen. Doch Emotionen sind ein anfälliges Gut, das weiß der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft, Klaus Laepple, nur zu genau. "Wenn in den Medien tagtäglich über krisengeschüttelte Banken und milliardenschwere staatliche Rettungspakete für die deutsche Wirtschaft berichtet wird, wirkt sich das natürlich auch auf die Konsumbereitschaft der Bevölkerung aus."

Eine Frau liest auf dem Balkon ihrer Wohnung (Quelle: dpa)
Wer um den Job bangt, bleibt zu HauseBild: picture-alliance/ ZB

Eine repräsentative Befragung ergab: 21 Prozent der Bundesbürger glauben, sie seien von der Finanzkrise persönlich betroffen und bei 15 Prozent wirkt sich das auf die konkrete Urlaubsplanung aus. Das hat eine Studie der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) herausgefunden. Die FUR-Untersuchung gilt als die wichtigste deutsche Reiseanalyse.

Weniger Geschäftsreisende

Urlaub ja oder nein? All-inclusive, Billigreise oder Balkonurlaub? Diese Frage wird derzeit in vielen Haushalten noch diskutiert. Die Reiseveranstalter und Hotels spüren die Zurückhaltung, die Buchungszahlen sind nicht gerade zufriedenstellend. Beim größten deutschen Reisekonzern, der TUI, liegen die gebuchten Umsätze für die kommende Sommersaison derzeit 11 Prozent unter dem Vorjahresstand.

Der Eingang des Hotels Bayerischer Hof in München (Quelle: AP)
Teure Hotels sind bei Geschäftsreisen weniger gefragtBild: AP

Bei den Hotels brechen vor allem die Geschäftsreisenden weg. Sven Doliwa von der Hotelkette Grand City, sagt, sein Unternehmen habe bis jetzt keine Kurzarbeit angemeldet, aber man denke darüber nach. "Wir müssen natürlich sehen, mit wie viel Personal wir die Menschen in unseren Hotels bedienen können." Grand City betreibt mehr als 50 Hotels mit zwei bis vier Sternen in Deutschland. Bei ihnen sei die Lage immer noch besser als im Fünf-Sterne-Bereich, sagt Doliwa.

Weniger Sterne gefragt

Die Kunden schauen wieder auf den Geldbeutel. Das merkt auch Oliver Winter, der Generalmanager der AO Hostels. Sein Unternehmen, das billige und einfache Übernachtungen auch im Mehrbettzimmer anbietet, profitiert von der Krise. "Wir merken plötzlich, dass wir Anfragen haben von Firmen, wo ich immer sage, bis August hätte ich mich da gar nicht hingetraut, um mein Produkt da zu verkaufen. Bei uns buchen plötzlich IBM, E.ON oder Kinowelt für bestimmte Mitarbeiter, also Auszubildende oder Trainees unsere Häuser. Wir merken ein Durchreichen von oben. Wir bekommen neue Gäste, die von Häusern mit mehr Sternen kommen."

Drehen an der Preisschraube

Strand in Ägypten (Quelle: AP)
In Ägypten sollen All-Inclusiv Angebote die Strände füllenBild: AP

Der Trend zum preiswerten Urlaub macht sich auch bei den klassischen Urlaubsreisen bemerkbar. Beim Sommerurlaub 2009 können die Türkei, Tunesien und Ägypten deutliche Buchungszuwächse vermelden. Spitzenreiter sind All-inclusive-Angebote, bei denen die Urlauber ihre Ausgaben im Vorfeld verlässlich planen können.

Das ruft auch in anderen Regionen die Verantwortlichen auf den Plan. In Griechenland, so erklärt Tourismusminister Kostas Markopoulos, hat die Regierung sich vorgenommen, die Reisebranche massiv zu unterstützen. "Nun, die Preise spielen vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise wirklich eine große Rolle. Wir haben mit staatlichen Mitteln Möglichkeiten gewonnen, die Preise für Hotels und Unterkünfte zu reduzieren. Indirekte Steuern wurden abgebaut." Außerdem habe man das Werbebudget für Griechenland um fünfzig Prozent gesteigert.

Frau mit mp3-player beim Sonnenbaden
Frau beim Sonnenbad am Strand, Maspalomas, Gran Canaria, Kanarische Inseln, SpanienBild: picture-alliance/dpa

Grosse Probleme gibt es auch auf den Kanarischen Inseln. Dort bleiben wegen der Wirtschaftskrise die Gäste aus Großbritannien und vom spanischen Festland aus. Das könnte, so heißt es hinter vorgehaltener Hand, ungeahnt schwere Folgen haben. Prognosen über die Dauer und die Tiefe der Krise will auf der ITB aber niemand abgeben. Der griechische Tourismusminister formuliert es so: "Wer jetzt im März eine Prognose wagt, ist meines Erachtens jemand, der die größte Niederlage seines Lebens riskiert."

Autorin: Sabine Kinkartz/Insa Wrede

Redaktion: Henrik Böhme