1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Strom aus Schweiß

Brigitte Osterath17. August 2014

Bei einem Treffen US-amerikanischer Chemiker haben Forscher ein aufklebbares Tattoo präsentiert. Es misst, wie hart jemand trainiert. Und nebenbei produziert es elektrischen Strom.

https://p.dw.com/p/1CuuR
Jogger in Bonn (Foto: DW/Jaime Campoamor)
Bild: DW/J. Campoamor

Stellen Sie sich vor, Sie sind als Jogger unterwegs. Und den Strom, den Sie für Ihren mp3-Player brauchen, produzieren Sie selbst - einfach nur durchs Schwitzen. Diese verrückte Idee wollen Forscher von der Universität von Kalifornien in San Diego wahr machen. Sie nennen Ihre Erfindung eine "Tattoo-Biobatterie".

"Wir können nicht-invasiv Energie direkt aus dem Körper gewinnen", sagt Studienleiter Joseph Wang. "Das ist das erste Beispiel für eine Bio-Brennstoffzelle, die aus Körperflüssigkeiten wie Schweiß Energie macht."

Was der Schweiß verrät

Ursprünglich hatten die Forscher eine sehr viel weniger Science-Fiction-trächtige Idee: einen Sensor, der kontinuierlich Laktat im Schweiß messen kann. Laktat ist ein Molekül, das im Stoffwechsel aus Glucose entsteht. Während anstrengender körperlicher Betätigung steigen seine Konzentrationen in den Geweben an, denn dann entsteht es schneller, als es abgebaut werden kann.

Tattoo, das aus Schweiß Strom machen soll, aufgeklebt auf einen Oberarm (Foto: Joe Wang, ACS/American Chemical Society)
So sieht die Tattoo-Biobatterie ausBild: Joe Wang, ACS

"Laktat ist eine sehr wichtige Messgröße dafür, wie es einem während des Trainings geht", sagt Doktorandin Wenzhao Jia von der Universität von Kalifornien in San Diego. Wenn der Körper zu viel Laktat produziert, kann es gut sein, dass man ihn gerade überfordert.

Bisher müssen Ärzte den Sportlern Blut abnehmen, um Laktat im Körper zu messen. Aber das Molekül findet sich auch im Schweiß auf der Haut. Genau dort misst Wenzhao Jias neuer Sensor. "Er kann einem sagen, dass man mit dem anstrengenden Training jetzt aufhören sollte", erklärt Jia. Und er ermögliche einen sehr viel umfassenderen Überblick über den Fitnesszustand als alle anderen modernen Geräte.

Blutzuckermessgerät (Foto: Tobias Hase dpa/lby)
Blutzuckermessgeräte nutzen Enzyme, um ein Molekül (Traubenzucker) in einer Flüssigkeit (Blut) zu messenBild: picture-alliance/dpa

Enzyme bei der Arbeit

Der Sensor funktioniert ähnlich wie das Blutzuckermessgerät für Diabetiker. Er enthält ein Enzym, also ein Eiweiß, welches Laktat zu Pyruvat umsetzt, ein anderes Molekül im Stoffwechsel. Dabei werden zwei Elektronen frei.

Elektronen bedeuten Ladung und damit elektrischer Strom. Liegt mehr Laktat im Schweiß vor, wird mehr elektrischer Strom generiert. Ein Gerät misst diesen Strom und rechnet auf die Laktatkonzentration im Schweiß zurück. "Wir haben diesen Sensor in Tattoo-Papier eingearbeitet", sagt Jia. "Er lässt sich so als eine Art Klebe-Tattoo leicht auf die menschliche Haut aufbringen."

Ein Kraftwerk auf der Haut

Aber das Messen von Laktat ist noch nicht alles. Denn nach Angaben der Forscher könnte der elektrische Strom, der während der Laktat-Umsetzung entsteht, sogar kleine elektronische Geräte antreiben, etwa Herzfrequenzmesser oder sogar Smartphones.

Zurzeit generiert der Sensor bis zu 70 Mikrowatt pro Quadratzentimeter. Da er aber so klein ist, ergibt das nur eine Gesamtausbeute von vier Mikrowatt. "Für Elektronika, zum Beispiel eine Uhr, braucht man mindestens zehn Mikrowatt", gibt Jia zu. "So hoch ist der produzierte Strom noch nicht. Wir arbeiten aber daran, ihn zu vergrößern." Dazu arbeiten sie nun mit einer Start-up-Firma zusammen.

Je fauler, je ertragreicher

Nicht alle Menschen werden dieselbe Menge Strom produzieren, wenn sie die Bio-Batterie mit sich herumtragen, erklärten die Forscher bei einer Pressekonferenz in San Francisco. Denn das hängt davon ab, wie viel Laktat jemand produziert - und das wiederum ist davon abhängig, wie durchtrainiert man ist.

"Normalerweise hat eine fitte Person geringere Laktatspiegel als jemand, der weniger fit ist", sagte Jia. In ihrem Experiment generierten Probanden, die weniger als einmal pro Woche Sport treiben, mehr Strom als Probanden, die ein bis dreimal die Woche trainieren. Sportfreaks, die mehr als drei Mal wöchentlich Sport treiben, lieferten die geringste Stromausbeute.

Nach Angaben der Forscher liegt das vermutlich daran, dass weniger trainierte Menschen schneller ermüden und die Glykolyse, bei der Laktat aus Glucose entsteht, schneller einsetzt. Fitte Menschen müssten also sehr viel mehr schwitzen, um während des Joggens ihren mp3-Player anzutreiben als die Stubenhocker. Die allerdings gehen vermutlich gar nicht erst joggen.