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Biohandel für Artenvielfalt

Johannes Beck, São Paulo22. Juni 2004

Armut ist ein wichtiger Grund für die Zerstörung der Artenvielfalt in Entwicklungsländern. Ein UN-Projekt wagt den Spagat zwischen Umweltschutz und Handelsförderung.

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Stark bedroht: der Regenwald im Amazonas-BeckenBild: AP

Der Schmuggel mit vom Aussterben bedrohten Papageien, Papier aus illegal geschlagenem Tropenholz oder Korallen-Schmuck aus zerstörten Riffen - der Handel mit diesen und ähnlichen Produkten ist eine der größten Bedrohungen für die Artenvielfalt. Wenn Naturprodukte aber nachhaltig angebaut werden, bietet der Handel auch Chancen, Ökosysteme wie den Amazonas-Regenwald zu schützen. Die UNCTAD, die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung, hat so ein Projekt ins Leben gerufen: "Biotrade" soll den Handel mit Naturprodukten fördern und gleichzeitig die Artenvielfalt schützen.

Neue Produkte für den internationalen Handel

Amazonas
Urwaldrodung in Brasilien: Baumstämme auf dem AmazonasBild: AP

Eine Aufgabe, um die sich Rubens Ricupero von der UNCTAD bereits während seiner Zeit als erster brasilianischer Umweltminister im Jahr 1993 weitgehend vergeblich bemüht hat. Auch ihm war es nicht gelungen, das Abholzen der Amazonas-Urwälder zu stoppen. "Wenn wir der lokalen Bevölkerung kein Einkommen ermöglichen, dann wird das ein verlorener Kampf bleiben", sagt Ricupero. "Niemand kann sich vorstellen, dass man die Einwohner davon überzeugen kann, ihre Wälder zu schützen, wenn sie daraus kein Einkommen, keinen wirtschaftlichen Nutzen und keine Hilfe beziehen können." Denn ausgerechnet in den Regionen mit der größten Artenvielfalt herrscht auch die größte Armut. Dieser Umstand erschwert es erheblich, die lokale Bevölkerung weiterzubilden und die nachhaltige Nutzung der Artenvielfalt zu fördern.

Ziel des Biotrade-Programms ist es, in diesen Regionen neue, umweltschonend hergestellte Produkte für den internationalen Handel zu finden. Anstatt der traditionellen Rohstoffe wie Weizen, Kaffee oder Zucker sollen zum Beispiel Produkte wie ätherische Öle, Gummisorten oder auch Heilpflanzen, tropische Früchte und Naturfasern stärker gehandelt werden. So verwendet DaimlerChrysler bereits Kokosfasern und Latexgummi aus der brasilianischen Amazonas-Region, um die Sitze der A-Klasse-Wagen herzustellen. In Bolivien produzieren Imker exotischen Wildhonig, und in Kolumbien leben über 100 Frauen der Region Chocó vom Anbau und der Vermarktung tropischer Früchte. Projekte, von denen es noch viel mehr geben müsste.

Gute Absicht, aber keine konkreten Ergebnisse

Ara
Auch Aras gehören zu den Opfern der so genannten Biopiraterie, dem illegalen Handel mit Pflanzen und wilden Tieren

Befremdlich ist zudem, dass in São Paulo ausgerechnet eine Partnerschaft mit dem nordamerikanischen Ölkonzern Occidental Petroleum (Oxy) verkündet wurde. Schließlich hat Oxy in Ecuador Regenwälder abgeholzt, um im Amazonas-Becken Öl zu fördern. Außerdem ist der Ölkonzern Miteigentümer der Schweröl-Pipeline OCP (Oleoducto de Crudos Pesados), deren Trasse quer durch den Nebelwald von Mindo geschlagen wurde - eines der Vogel reichsten Gebiete der Welt. "Wenn wir in Zukunft feststellen, dass das nicht funktioniert, dann werden wir uns natürlich von dieser Initiative trennen. In dieser Anfangsphase sind wir jedoch davon überzeugt, dass es sich lohnt, diese neue Möglichkeit auszuloten", sagt Lucas Assunção, Koordinator von Biotrade, zu der umstrittenen Partnerschaft:

Bisher konzentriert sich das Biotrade-Programm auf die Länder des Amazonas-Beckens, doch demnächst soll Uganda mit seinen artenreichen Bergregionen als erstes afrikanisches Land dazukommen. Obwohl das Biotrade-Programm schon seit 1996 besteht, ist es noch nicht gelungen, den Handel mit nachhaltig hergestellten Produkten aus der Artenvielfalt in großem Stil zu betreiben. "Die große Herausforderung in diesem Bereich ist, von Planungen und Absichtserklärungen zu konkreten Ergebnissen zu kommen", so Ricupero.