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Wut nach dem Sturm

Tobias Grote-Beverborg, zurzeit Rangun15. Mai 2008

In Birma laufen die internationalen Hilfsmaßnahmen nur schleppend an. Der Unmut über die Militärjunta wächst. Aus dem Großraum Rangun berichtet Tobias Grote-Beverborg.

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Ein Frau bekommt Hilfsgüter (Quelle: dpa)
In Rangun werden Kleidung und trockene Nudeln verteiltBild: picture-alliance / dpa

Noch immer ist in Rangun, der früheren Hauptstadt von Birma, das Ausmaß des Zyklons zu erkennen: Überall liegen entwurzelte und abgeknickte Bäume, umgestürzte Telefon- und Strommasten sind notdürftig zur Seite geräumt, viele Dächer sind beschädigt oder sogar komplett abgetragen und werden behelfsmäßig repariert. Die Aufräumarbeiten sind noch immer im vollen Gange, offensichtlich organisiert von Privatleuten und Mönchen – von Polizei, Feuerwehr und Militär ist so gut wie nichts zu sehen.

Der Staat schaut weg

Menschen packen Hilfsgüter (AP/Johanniter)
In Rangun verpacken die Johanniter Hilfgüter für die Sturmopfer.Bild: AP

Das auffällige Fehlen der Staatsgewalt veranlasst die ansonsten eher zurückhaltenden Birmanen, ungehemmt ihr Unverständnis und ihre Wut zu schildern: "Ansonsten stehen sie an jeder Straßenecke, um ihre Macht zu demonstrieren, doch seit dem Zyklon lassen sie sich nicht mehr blicken."

Der zunehmende Unmut ist überall zu spüren, denn die Menschen sind erstaunlich gut über das Ausmaß der Katastrophe und den schrecklichen Verlust an Menschenleben informiert. Groß ist das Mitgefühl, aber noch größer die Hilflosigkeit angesichts der Tatenlosigkeit, die die Militär-Regierung an den Tag legt.

Denn obwohl das Leben in Rangun scheinbar wieder seinen normalen Gang nimmt – die Busse sind überfüllt wie eh und je und auf den Straßen und Märkten herrscht das übliche Gewimmel – können sich alle nur zu gut die Not der Menschen im noch immer überfluteten Irrawaddy-Delta vorstellen.

Unicef hilft vor Ort

Ramesh M. Shrestha, Landesdirektor von Unicef, schildert die Lage: "Ungefähr 5.000 Quadratkilometer stehen noch immer unter Wasser. In den entlegenen Gemeinden sind Familien völlig vom Wasser eingeschlossen. Wir haben noch immer nicht bis zu ihnen vordringen können. Wir konnten bisher nur den Menschen, die in der Nähe von Städten leben, helfen. Aber alles was darüber hinaus geht, stellt uns vor logistische Probleme, die wir nicht bewältigen können."

Insgesamt sind 130 lokale Unicef-Mitarbeiter unmittelbar nach dem Zyklon in das südliche Delta entsandt worden, um dort gemeinsam mit dem birmanischen Roten Kreuz Hilfsgüter wie Zelte, Medikamente und Wasserentkeimungstabletten zu verteilen. Dabei seien ihnen von der Militärregierung keine Schwierigkeiten in den Weg gelegt worden, so Shrestha, doch für die entlegenen Gebiete sei noch immer eine Sondergenehmigung erforderlich.

Die Junta behindert die Arbeit der Helfer

"Wir haben die Regierung gebeten, uns freien Zugang zu ermöglichen, vor allem für die entlegenen Gebiete", berichtet Ramesh M. Shrestha. "Doch bislang können wir nur die Städte versorgen, für alle anderen Gebiete brauchen wir eine Genehmigung. Wir müssen die Regierung überzeugen, dass es kein alltägliches Ereignis ist."

Zwar fliege das Militär per Hubschrauber Hilfslieferungen, doch ob dadurch die Not leidende Bevölkerung wirklich erreicht würde, sei nicht nachzuprüfen, so der Unicef-Landeschef weiter. Für solche Hilfsoperationen bedürfe es internationaler Expertise und Zusammenarbeit. Doch Shrestha glaubt nicht an ein Einlenken der Junta: "In dieser schweren Zeit müssen wir uns näher kommen, um Hilfe leisten zu können. Doch in den letzten vierzig bis fünfzig Jahren ging das Vertrauen, vor allem gegenüber westlichen Ländern, aus politischen und ideologischen Gründen verloren. Und dadurch entstanden die jetzigen Schwierigkeiten."

Immerhin sollen am Samstag die ersten ausländischen Hilfskräfte ins Land gelassen werden: Ein 30-köpfiges Medizinerteam aus dem benachbarten Thailand wird erwartet. 130 weitere Helfer aus Bangladesch, China und Indien sollen ebenfalls in Kürze einreisen dürfen.