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Bitterer Jahrestag für Barack Obama

20. Januar 2010

Durch den Sieg des republikanischen Kandidaten haben die Demokraten ihre strategische Mehrheit im Senat verloren. Ein schwerer Schlag für Präsident Obama, der weitreichende Konsequenzen hat, meint Christina Bergmann.

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Bild: DW

Es ist ein bitterer Jahrestag für US-Präsident Barack Obama. Die Tragweite des Wahlergebnisses von Massachusetts ist kaum zu unterschätzen. Bei seinem Versuch, in letzter Minute das Ruder für die demokratische Kandidatin Martha Coakley herumzureißen, brachte es der Präsident selbst auf den Punkt: Die Wahl in Massachusetts würde die Marschrichtung der nationalen Politik vorgeben - vorwärts oder rückwärts.

Die Wähler in Massachusetts haben sich für den Rückwärtsgang entschieden. Sie haben zuallererst die Gesundheitsreform ausgebremst. Mit ihrer Sperrminorität von 41 Stimmen können die Republikaner im Senat nun jede Debatte über den Kompromissvorschlag, der gerade mühsam ausgehandelt wird, endlos hinausziehen und eine Abstimmung ganz verhindern. Dabei hilft es auch nichts, über diese undemokratische Regelung zu lamentieren: Es ist ein Fakt, dass die 18-Stimmen-Mehrheit der Demokraten im Senat nicht ausreicht, ein Gesetz zu verabschieden.

Und das gilt ab sofort nicht nur für die Gesundheitsreform, sondern auch für alle anderen Reformvorhaben, die in diesem Jahr auf der Tagesordnung des Präsidenten stehen. Zumindest bis zu Kongresswahl im November, wo Verluste für die demokratischen Abgeordneten und Senatoren erwartet werden, wollte man die politischen Reformen weitertreiben. Doch dieses Zeitfenster wurde nun mit einem Knall zugeschlagen. Die Klimagesetzgebung, die Bankenregulierung, die Einwanderungsreform - die komplette progressive Agenda des Präsidenten ist nun verlangsamt, wenn nicht ganz in Frage gestellt. Denn der designierte republikanische Senator von Massachusetts, Scott Brown, ist bekanntermaßen nicht nur gegen die Gesundheitsreform, sondern zum Beispiel auch gegen Emissionshandel und eine Amnestie für Immigranten. Das sogenannte "Waterboarding" von mutmaßlichen Terroristen findet dagegen seine Zustimmung. Dass Brown seine Macht, die demokratischen Reformen auszubremsen, nutzen wird, daran besteht kein Zweifel.

Den Ausschlag für die Wahl des republikanischen Kandidaten in jenem Bundesstaat an der Ostküste der USA, der seit Jahrzehnten als Bastion der Demokraten galt, gaben übrigens die unabhängigen Wähler. Sie machten die Abstimmung zu einem Referendum über die Politik des Präsidenten. Die Demokraten müssen sich nun überlegen, wie es zu diesem Desaster in einem Bundesstaat kommen konnte, in dem Barack Obama seine Präsidentschaftswahl mit einem Vorsprung von 26 Prozentpunkten gewinnen konnte. Einem Bundesstaat, in dem die Bürger eine bessere staatliche Krankenversicherung genießen als sie die Menschen in den anderen Landesteilen selbst durch die geplante Gesundheitsreform je in absehbarer Zeit bekommen würden. Der verstorbene Senator Ted Kennedy, dessen Sitz jetzt zur Wahl stand, hatte die nationale Gesundheitsreform als sein Lebenswerk bezeichnete und Barack Obama als den Erben der Kennedy-Dynastie.

National sind die Konsequenzen der Senatswahl eindeutig. Welche Auswirkungen sie auf die Außenpolitik des Präsidenten haben, muss sich noch zeigen. Zumindest bei der Klimapolitik, soviel ist klar, kann Barack Obama nun keine internationale Führungsrolle mehr spielen. Ohne die Zustimmung des Kongresses kann er keine glaubwürdigen Versprechen auf internationaler Bühne machen. Und die heimische Politik wird viel Zeit und Kraft des Präsidenten binden. Es wird sich zeigen, wie viel dann noch für internationale Themen übrig bleibt.

Präsident Obama wird sich vermutlich schnell von dem Schock erholen und nach Wegen suchen, das Land trotz dieser Widerstände so effektiv wie möglich zu regieren. Doch die Politik des radikalen Wechsels, die er sich auf die Fahnen geschrieben hatte, ist nun nicht mehr machbar.

Autorin: Christina Bergmann
Redaktion: Frank Wörner