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FIFA-Skandal

29. Mai 2011

Die FIFA hat die beiden Exekutivkomitee-Mitglieder Mohamed bin Hammam und Jack Warner wegen Korruptionsvorwürfen vorläufig suspendiert. Der ebenfalls angeschuldigte FIFA-Chef Joseph Blatter dagegen ist fein raus.

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Ist vorläufig suspendiert: bin Hammam. (Foto: AP)
Ist vorläufig suspendiert: bin HammamBild: AP

Die Spitzenfunktionäre Mohammed bin Hammam und Jack Warner vorläufig suspendiert, FIFA-Boss Joseph Blatter reingewaschen - und die Präsidentenwahlen des Fußball-Weltverbandes finden wie geplant am kommenden Mittwoch (01.06.2011) statt. Nach einer achtstündigen Sitzung der Ethikkommission verkündete der stellvertretende Vorsitzende Petrus Damaseb die erwarteten Entscheidungen. Die Wahl auf dem Kongress in Zürich verkommt damit endgültig zur Farce - Blatter könnte als einziger Kandidat per Akklamation gewählt werden.

Die Ethikkommission kam zu dem Schluss, dass bei Herrn Joseph S. Blatter gemäß Artikel 129 des FIFA-Ethik-Codes nicht davon auszugehen sei, dass es zu einem Vergehen gekommen ist. "Deswegen müssen auch keine vorläufigen Maßnahmen ergriffen werden", sagte Damaseb. "Wir können gegen Herrn Blatter nur vorläufige Maßnahmen ergreifen, wenn wir glauben, dass eine Verletzung des Ethik-Codes stattgefunden haben könnte. Dafür lagen keine Anhaltspunkte vor", betonte der Namibier.

Stimmenkauf

Hat gut lachen. FIFA-Präsident Sepp Blatter wurde von den Korruptionsvorwürfen frei gesprochen. (Foto: dapd)
Hat gut lachen: BlatterBild: dapd

Die beiden Exekutivkomitee-Mitglieder bin Hammam und Warner dagegen sollen gegen den Ethikcode verstoßen haben, indem sie beim Treffen der Karibischen Fußball-Union am 10. und 11. Mai versucht haben sollen, für die Wahl bin Hammams zum FIFA-Präsidenten Stimmen zu kaufen. Nach Angaben von FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke hat der Verband von Puerto Rico in einer E-Mail bestätigt, "dass wir am 10. und 11. Mai Geschenke und 40.000 Dollar erhalten haben". Der Katarer hatte seine Kandidatur für die Wahl zum FIFA-Chef am Sonntag überraschend zurückgezogen.

Blatter war von bin Hammam beschuldigt worden, von dem Korruptionsvorwurf gewusst, ihn aber nicht angezeigt zu haben. "Es gibt keinen Grund, die Wahl zu verschieben", sagte FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke. "Die Anschuldigungen gegen Herrn Blatter wurden nicht aufrechterhalten." Seit den Morgenstunden hatte die Ethikkommission am Sonntag (29.05.2011) hinter verschlossenen Türen im Home of FIFA hoch über Zürich getagt. Bin Hammam war kurz anwesend samt juristischem Beistand, Warner hatte sich schriftlich geäußert und auch Blatter stand Rede und Antwort - hatte aber keinen Rechtsanwalt dabei. Sowohl bin Hammam als auch Warner bestritten erneut alle Anschuldigungen - der eine persönlich, der andere schriftlich.

Größter Skandal in der FIFA-Geschichte

Korruptionsvorwürfe auch gegen ihn: Jack Warner+++(c) dpa - Bildfunk+++
Korruptionsvorwürfe auch gegen ihn: Jack WarnerBild: picture alliance/dpa

Dennoch urteilte die Kommission, "dass diese Offiziellen vorübergehend von Fußball-Aktivitäten ausgeschlossen werden müssen". Die Suspendierung gilt erst einmal für 30 Tage. In dieser Zeit wird die FIFA nun auch mit Hilfe externer Spezialisten weitere Untersuchungen durchführen. Blatter hatte zum Zeitpunkt der Pressekonferenz die FIFA-Zentrale längst verlassen. Trotz des "Freispruchs" warten nun aber turbulente Tage auf den 75-Jährigen. Die Forderungen nach einer Verschiebung der Wahl werden nicht verstummen. Allerdings müssten drei Viertel der Verbände auf dem Kongress in der kommenden Woche dafür stimmen.

Der große Befreiungsschlag und die Image-Rettung der in Trümmern liegenden FIFA ist mit diesem wachsweichen Entscheid fehlgeschlagen. Im größten Skandal in der 107-jährigen Geschichte der FIFA bleiben viele Fragen offen. Wieso glaubt die Kommission Herrn Blatter, dass er nichts von den Zahlungen gewusst haben will? Was ist mit dem von Warner großspurig angekündigten "Fußball-Tsunami"? Längst ist die Glaubwürdigkeit des Weltverbandes unreparierbar erschüttert.

Druck von der Königsfamilie?

Die FIFA kommt aus den Negativ-Schlagzeilen nicht raus
Die FIFA kommt aus den Negativ-Schlagzeilen nicht raus

"Ich werde meine persönlichen Ambitionen nicht vor die Würde und Integrität der FIFA stellen. Ich kann nicht zulassen, dass der Name, den ich geliebt habe, mehr und mehr in den Schmutz gezogen wird wegen des Wettbewerbs zwischen zwei Einzelpersonen", schrieb bin Hammam auf seiner Internetseite, "das Spiel und die Menschen, die es lieben auf der ganzen Welt, müssen an erster Stelle kommen. Deshalb gebe ich den Rückzug von der Präsidentschaftswahl bekannt." Tatsächlich soll ihn die Königsfamilie in Katar, die die WM 2022 im eigenen Land nicht gefährdet sehen will, zu diesem Schritt gedrängt haben.

Zuvor hatten neue Enthüllungen in englischen Medien bin Hammam und FIFA-Vize Jack Warner schwer belastet. Nach einem Bericht des "Telegraph" soll das Duo 25 FIFA-Funktionären aus der Karibik insgesamt eine Million Dollar angeboten haben zur Unterstützung bin Hammams. Nach der Wahlkampfrede bin Hammams am 10. Mai in Port of Spain soll Warner die Delegierten einzeln in einen Konferenzraum des Hotels gebeten haben. Laut "Telegraph" soll dann jedem der 25 Funktionäre 40.000 Dollar Bargeld als "Geschenk" angeboten worden sein, verbunden mit der Bitte, "niemandem davon zu erzählen".

Autorin: Sarah Faupel (mit dpa und sid)
Redaktion: Olivia Fritz