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Blauhelme als Faustpfand

D. Scheschkewitz/W. v. Tiesenhausen/G. Meuer2. Juli 2002

Das Veto der USA gegen eine Verlängerung des UN-Einsatzes in Bosnien ist international auf Unverständnis gestoßen. Ursache der Verstimmung ist ein Streit über den neu geschaffenen Internationalen Strafgerichtshof (ICC).

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US-Soldat in BosnienBild: AP

Die US-Diplomaten in New York und Washington wollen hart bleiben - auch einen Tag nach dem Veto der USA gegen die Verlängerung des UN-Mandats in Bosnien zeichnet sich kein Zurückweichen von amerikanischer Seite ab.

US-Außenamtssprecher Richard Boucher wiederholte in Washington noch einmal die Gründe für den internationalen Alleingang der USA: "Wir haben unser Veto gegen eine Verlängerung des UN-Mandats für Bosnien nicht deswegen eingelegt, weil wir kein Interesse mehr an Bosnien hätten oder an Friedensmissionen. Sondern, weil der Sicherheitsrat nichts gegen das Risiko unternimmt, dem amerikanische UN-Soldaten durch diesen Gerichtshof ausgesetzt sind."

Rückzug aus UN-Missionen?

Die USA tragen den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag nicht mit. Wenn bis zum 3. Juli keine politische Lösung für den Konflikt gefunden ist, könnte Washington nicht nur alle Amerikaner aus laufenden UN-Einsätzen zurückziehen, sondern künftig alle UN-Friedensmissionen durch ein Veto im Sicherheitsrat blockieren.

Doch was haben die USA von dem neu ins Leben gerufenen Gericht zu befürchten? Michael O’Hanlon, Experte am Brookings Institute und Spezialist für UN-Friedenseinsätze, sagt: "Die Menschen befürchten, dass in dem jetzigen internationalen Anti-Amerika-Klima irgendwann einmal ein Richter auf die Idee kommen könnte, einen US-Piloten wegen einer fehlgeleiteten Bombe als Kriegsverbrecher zu verurteilen. Das würde dem Sinn solcher Missionen widersprechen und wäre wohl auch unfair."

US-Soldaten vor US-Gerichte

Die USA verlangen nicht etwa einen Freibrief für ihre Soldaten - nur soll im konkreten Falle eben nach amerikanischen Recht und vor US-Gerichten geurteilt werden: "Das US-Militär hält sich an strenge Verhaltensmaßstäbe", betonte Boucher. "Außer Frage steht natürlich auch, dass wir Handlungen unserer Soldaten, die gegen das internationale Recht verstoßen, auch künftig bestrafen werden. Aber Sie können nicht erwarten, dass unsere Leute, die sich ohnehin großen Risiken aussetzen, sich auch noch einem Gerichtshof unterwerfen, der von niemandem kontrolliert wird."

Aushöhlung von Friedensmandaten?

In Berlin äußerten Regierungsvertreter die Befürchtung, dass eine Umsetzung der amerikanischen Forderung nach Immunität für ihre Soldaten UN-Friedensmissionen grundsätzlich in Frage stellen würde. Dennoch hat man die Hoffnung nicht aufgegeben, dass die amerikanische Regierung ihre Entscheidung widerruft und sich doch noch zur Unterstützung des Internationalen Strafgerichtshofes entschließt.

In Brüssel beriet die politische Führung der NATO über die Auswirkungen des amerikanischen Vetos. Die Arbeit der internationalen Friedenstruppe SFOR für Bosnien-Herzegowina sei von dem Veto der USA im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nicht unmittelbar betroffen, erklärte eine Sprecherin.

Denn: Die etwa 16.000 SFOR-Soldaten hätten ihr Mandat nicht von der UNO, sondern durch die Friedenskonferenz von Dayton erhalten, mit der der Bosnien-Krieg 1995 zu Ende ging. Der Dayton-Vertrag gebe den Soldaten bereits Immunität, sie könnten ohnehin nicht durch den neuen Internationalen Gerichtshof belangt werden.