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Mysteriöser Tod in Nigeria

5. Oktober 2010

Rund 400 Kinder sind seit Juni im Norden Nigerias gestorben. Nach langer Suche haben die Experten die Ursache für die mysteriösen Todesfälle zwar gefunden. Doch das Problem ist damit noch lange nicht gelöst.

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Kulu Ummaru mit ihrer Mutter (Foto: Katrin Gänsler)
Erleichterung: Die kleine Kulu Ummaru hat die Bleivergiftung überlebtBild: DW/Katrin Gänsler

In einem kleinen Dorf in der Nähe von Anka im Bundesstaat Zamfara toben Kinder durch die staubigen Straßen. Sie spielen, singen und machen ordentlich Krach. Auch die kleine Kulu Ummaru gehört dazu. Noch vor ein paar Wochen wäre das für das schmächtige Mädchen unmöglich gewesen."Sie war schwer krank", sagt ihre Mutter Hauwa Sarkin Dutse. Denn wie alle anderen hat das Mädchen im Sand gespielt. Doch dann musste es sich immer wieder übergeben und wurde jeden Tag schwächer.

Traditioneller Heiler sollte Hilfe bringen

Steine (Foto: Katrin Gänsler)
Hoffnung: In diesen Steinen vermuten viele Menschen in Zamfara RohstoffeBild: DW/Katrin Gänsler

Ein traditioneller Heiler sollte Hilfe bringen und die Kleine kurieren. Doch auch er wusste nichts mit der merkwürdigen Krankheit anzufangen, ebenso wenig wie die Mitarbeiter des Krankenhauses in Anka. Leiden die Kinder vielleicht an Cholera oder an einer besonders schlimmen Malaria? "Wir wussten es nicht, bis die Experten kamen", erinnert sich auch der Emir von Zamfara. Und die brachten ein schockierendes Ergebnis: In gleich mehreren Dörfern sterben die Mädchen und Jungen an Bleivergiftungen.

Eine schlimmere Diagnose hätte es wohl kaum geben können. "Bleivergiftungen lassen sich nur schlecht behandeln", sagt Elshofie Mohamed, der seit Ende Juli für Ärzte ohne Grenzen vor Ort ist. Denn die Patienten müssen in mehreren sogenannten Runden behandelt werden - eine dauert 19 Tage. Wenn die Werte weiterhin schlecht sind, geht es in die nächste. "Wir haben die ersten Patienten, die mittlerweile in der fünften Runde sind", sagt Mohamed. Doch wirklich geheilt ist niemand.

Bodenschätze bringen ein bisschen Hoffnung

Protest: Die Minenarbeiter wollen weiter nach Gold suchen. (Foto: Katrin Gänsler)
Protest: Die Minenarbeiter wollen weiter nach Gold suchenBild: DW/Katrin Gänsler

Ganz überraschend sind die Bleivergiftungen allerdings nicht aufgetaucht. Denn die Gegend ist bekannt für ihre Bodenschätze. Legal und illegal suchen unzählige Menschen nach Gold und anderen wertvollen Rohstoffen. "Nur so können sie überleben", sagt Ibrahim Bello Garba, der Generalsekretär des Roten Kreuzes. Viele seien zwar auch Farmer, doch die Erträge reichten kaum für das Nötigste.

Allerdings ist der Preis für ein vermeintlich besseres Einkommen hoch. Sicherheitsstandards gibt es nicht. Stattdessen stehen überall im Dorf alte Mühlen, in denen die Steine zerkleinert werden. Denn vielleicht lässt sich einer der begehrten Rohstoffe finden. Mitunter nehmen die Minenarbeiter die Steine sogar mit nach Hause und zerschlagen sie dort. Die Folge: Überall wird der Boden verseucht. Kinder, aber auch schwangere Frauen haben keinerlei Schutz. Auch die Zahl der Fehlgeburten ist rapide angestiegen.

Keine Einnahmequellen

Immerhin hat die Regierung die Minenarbeit mittlerweile verboten. Doch das stößt längst nicht überall auf Begeisterung. "Wovon sollen wir leben?", fragt Minenarbeiter Babangida Shehu, der schon fleißig Dokumente für eine Legalisierung gesammelt hat. Außerdem haben er und seine Kollegen sich zusammen geschlossen. "Falls die Legalisierung nicht klappt, erwarten wir, dass uns die Regierung anderweitig unterstützt."

Doch die scheint schon jetzt überfordert mit der Situation zu sein. Deshalb haben auch die Vereinten Nationen ein Expertenteam geschickt, das zur Zeit den Boden untersucht. Eine andere Gruppe versucht außerdem, die verseuchte Erde, so gut es geht, auszutauschen. Eigentlich ist das für die Fachleute eine ganz alltägliche Arbeit. Doch sie macht auch tief betroffen. "Wir haben einige Kinder gesehen, die stark beeinträchtigt sind. Wie wird ihr zukünftiges Leben aussehen? Wie werden sie das nur schaffen?", fragt sich Matthew Conway, Leiter des UN-Teams, und schüttelt den Kopf.

Autorin: Katrin Gänsler
Redaktion: Klaudia Pape