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Bloß keine Panik!

Zhang Xiaoying und Rainer Sollich19. Mai 2003

Seit Wochen werden aus China täglich neue Fälle von SARS gemeldet. Insbesondere Peking ist betroffen. Wie gehen die rund 3000 dort lebenden Deutschen - Geschäftsleute, Techniker, Wissenschaftler - mit der Situation um?

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Auch Souvenir-Läden bleiben in Peking derzeit geschlossenBild: AP

Peking ist durch SARS eine Stadt im Zustand latenter Panik: Von der Sorge wegen der Lungenkrankheit bleiben auch die meisten Ausländer nicht unberührt. 3000 Deutsche leben und arbeiten in Peking - Geschäftsleute, Techniker und Ingenieure, aber auch Wissenschaftler, Mitarbeiter von Entwicklungshilfeorganisationen und Journalisten. Sie alle sind bisher gesund geblieben und bleiben bis auf weiteres im Land. Aber an eine normale Geschäftstätigkeit ist schon seit Wochen nicht mehr zu denken. Das Goethe-Institut zum Beispiel, sonst eine beliebte Anlaufstelle für Studenten, ist verwaist. "Das Institut hat seit zehn Tagen für den öffentlichen Publikumsverkehr geschlossen. Die Bibliothek ist zu, es finden keine Sprachkurse statt, und auch andere Veranstaltungen in unserem Haus sind zurzeit nicht möglich", sagt der Leiter Ulrich Novak im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Deutschunterricht per Telefon und E-Mail

Aber Not macht bekanntlich erfinderisch. Und so betreut das Goethe-Institut seine Klientel nun per Fernunterricht. "Wir haben für unsere Kursteilnehmer ein Angebot eingerichtet, so dass wir sie per Telefon, per Fax und per E-Mail betreuen. Unsere Lehrer stehen bereit und beraten die Kursteilnehmer, geben ihnen Hinweise und liefern Übungsmaterialien."

Weitermachen so gut wie eben möglich - dieses Prinzip gilt auch bei der deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ). China ist der größte Empfänger deutscher Entwicklungshilfe. Allein die GTZ unterhält 60 Projekte in der Volksrepublik. Im Pekinger GTZ-Büro selbst läuft der Betrieb zwar weitgehend normal: Es besteht lediglich Meldepflicht für alle, die Krankheitssymptome zeigen oder mit Erkrankten in Kontakt gekommen sind. Aber: Da die Projekte der GTZ praktisch über das ganze Land verstreut sind, ist auch für die deutschen Entwicklungshelfer kein normales Arbeiten mehr möglich.

"Wir können Peking praktisch nicht verlassen"

"Es gibt inzwischen sehr strenge Auflagen über die Zahl der Mitarbeiter und Personen, die bei einer Versammlung zusammen kommen dürfen. Auch unsere Partnerbehörden haben sehr starke Restriktionen eingeführt, was die Präsenz im Büro und das Reisen anlangt. Wir können praktisch momentan Peking kaum verlassen", sagt Axel Dörken, der Leiter des Pekinger GTZ-Büros. Egal, wohin man derzeit in China auch reisen wolle, überall gelten Quarantäne-Bestimmungen. "Das heißt", so Dörken, "man müsste beispielsweise, wenn man nach Schanghai reist, erst mal zehn Tage im Hotel bleiben, bevor man überhaupt mit anderen Personen in Kontakt treten darf." Umgekehrt gelte das auch für Personen, die man nach Peking holt. Die könnten nicht an ihre Standorte zurückreisen, ohne Quarantänemaßnahmen über sich ergehen lassen zu müssen.

Dörken ist zuversichtlich, dass China das Problem SARS in den Griff bekommt - möglicherweise schon in einigen Wochen. Die deutsche Schule in Peking hat inzwischen ihre Pforten sogar wieder geöffnet - im Gegensatz zu chinesischen Schulen. Klagen über die Art, wie Chinas Regierung das Problem zunächst vertuscht hat, sind von Dörken ebenso wenig zu hören wie von den anderen deutschen Repräsentanten. Allerdings muss man wissen: Allzu starke Kritik an den Behörden würde sich in einem Land wie China geschäftsschädigend auswirken. Gerade lokale Kooperationspartner könnten dies als arrogant empfinden, da westliche Ausländer sich mit ihrem Geld viel besser gegen die SARS-Gefahr schützen können als einfache chinesische Bürger.

Optimismus zeigen

Letztlich ist ungewiss, wie lange China braucht, um die Verbreitung von SARS zu stoppen. Wunder sind jedenfalls kaum zu erwarten: Wenn die Lungenkrankheit auch in ländliche Provinzen vordringt, könnte zunächst sogar eine noch größere Katastrophe drohen, da es dort praktisch kein funktionierendes Gesundheitssystem gibt. Dennoch lautet die Devise der deutschen Unternehmen und Institutionen vor Ort: Optimismus zeigen - und bloß keine Panik aufkommen lassen.

Natürlich gebe es wirtschaftliche Einbrüche, sagt etwa Christian Sommer, der Vizechef der Deutschen Außenhandelskammer in China. SARS schaffe durchaus eine gewisse Krisensituation. Er glaube aber, dass Investitionstätigkeiten deutlich langfristiger angelegt seien - wenn es etwa um eine Produktion geht, die aufgebaut wird. "Da brauche ich jetzt gar nicht nur auf die Großindustrie zu schauen, sondern auch auf die mittelständische Industrie. So ein Produktionsbetrieb steht für 10 bis 50 Jahre da - und vielleicht noch länger. Und ich glaube, in solchen Zeitfenstern beurteilen auch die Investoren den chinesischen Markt", sagt Sommer.