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Teure Behandlungen

26. Februar 2010

Kein Einkommen, keine Ersparnisse, keine Rente - 70 Prozent der arbeitenden Bevölkerung Indonesiens sind ohne feste Beschäftigung. Sie leben von der Hand in den Mund. Was tun, wenn sie krank oder arbeitsunfähig werden?

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Ein Hau smit der Aufschrift "Poliklinik" (Foto: DW/Ziphora Robina)
Nicht überall ist die Behandlung kostenlosBild: DW

Geschickt umfährt Yanto mit seiner Fahrradrikscha in Südsumatras Provinzhauptstadt Padang die Schlaglöcher. Der rüstige Mittsechziger tritt gemächlich in die Pedale, während der Straßenverkehr an ihm vorbei rauscht. Yanto macht sich keine großen Sorgen. Er verdient als Rikschafahrer genug, um über die Runden zu kommen. Und falls er krank werden sollte, kann er sich in einer der kommunalen Polikliniken kostenlos behandeln lassen.

Mit dem Personalausweis zum Arzt

Ein Junge hält eine Versicherungskarte hoch (Foto: DW/Ziphora Robina)
Aji, Patient im Krankenhaus Dharmais Jakarta, zeigt seine VersicherungskarteBild: DW

Yanto hat Glück, er lebt in Südsumatra. Das ist die erste und einzige Provinz Indonesiens, die eine kostenfreie Gesundheitsversorgung anbietet. Gratisbehandlung beim Arzt für alle: Gouvernour Alex Noerdin ging 2008 mit diesem Versprechen in den Wahlkampf - und gewann. Heute können sich alle Einwohner kostenfrei untersuchen lassen. Sie müssen nur einen Personalausweis oder eine Wohnbescheinigung vorzeigen.

Alt und krank sein verursacht Schulden

Im Rest Indonesiens sieht die Lage ganz anders aus. Nur Bruchteile der rund 230 Millionen Einwohner Indonesiens besitzt eine Krankenversicherung. Die meisten müssen Behandlungs- und Krankenhauskosten bar bezahlen. Viele verschulden sich deswegen, verkaufen Haus und Land.

Eine alte Frau in einem Seniorenheim (Foto: DW/Ziphora Robina)
Letzte Zuflucht: SeniorenheimBild: DW

Besonders hart trifft es ältere Menschen. Früher sorgten die Kinder für ihre Eltern. Doch eine zunehmende Urbanisierung und Auflockerung der familiären Strukturen in Indonesien führt heutzutage oft zu Altersarmut. In diesen Fällen ist ein staatliches Seniorenheim die letzte Zuflucht. Dort bekommen die Seniorinnen und Senioren nicht nur ein Bett und drei warme Mahlzeiten, sondern auch medizinische Versorgung.

Altern in Würde nicht möglich

Ideal ist diese Lösung nicht, sagt Eva Sabdono von der NGO Emong Lansia, die sich für ein würdiges Altern einsetzt. Es gibt zu viele Senioren und nicht genügend Heime. Die meisten sind jetzt schon hoffnungslos überfüllt. Heute ist Indonesiens Bevölkerung noch relativ jung. Doch in ein paar Jahren sieht die Situation ganz anders aus: Die Lebenserwartung steigt mit einer besseren medizinischen Versorgung. Und damit steht die indonesische Gesellschaft vor einer großen Herausforderung - denn in Indonesien gibt es kein umfassendes Rentensystem.

Ein überfüllter Schalter in einem Krankenhaus (Foto: DW/Ziphora Robina)
Viele müssen sich verschulden, um sich eine Behandlung leisten zu könnenBild: DW

Der indonesische Staat ist gesetzlich dazu verpflichtet, die Bevölkerung sozial abzusichern. Trotzdem gibt es in Indonesien kein umfassendes Kranken- oder Rentenversicherungssystem.

Die größte Herausforderung für die Regierung ist die Erfassung der im informellen Sektor Arbeitenden, die kein festes Angestelltenverhältnis und nur ein unregelmäßiges Einkommen haben. Immerhin sind das rund 100 Millionen Indonesier. Die Gruppe ist nicht homogen, sie umfasst Imbissbesitzer, Tagelöhner und Haushaltshilfen. Wie sollen diese erfasst werden? Und wenn es eine gemeinsame Kranken- und Rentenversicherung geben soll, wie werden die Beiträge für diese Gruppe errechnet?

Mit Bargeld und Ehrenamt das Elend lindern

Ein alter Mann sitzt mit seiner Frau in einer Hütte (Foto: DW/Ziphora Robina)
Herr Buang und seine Frau Ain leben in einer 16 Quadratmeter großen HolzhütteBild: DW

Bis die Regierung eine Antwort auf diese Fragen findet, versucht sie durch kleinere Programme die Not der Ärmsten zu lindern. So gibt es zum Beispiel ein Cashprogramm für 18.000 von den drei Millionen in Armut lebenden Senioren. Sie erhalten beim örtlichen Postamt Bargeld auf die Hand, 300.000 Rupiah im Monat oder rund 20 Euro.

Andere Initiativen basieren auf ehrenamtlicher Arbeit. Die Stiftung Emong Lansia betreut in Tegal Alur, einem armen Außenbezirk Jakartas rund 50 Senioren.

Dankbarkeit für Unterstützung

Zwei Frauen sitzen mit einer Seniorin auf einer Bank und lachen (Foto: DW/Ziphora Robina.
Freiwillige Helfer unterstützen die MenschenBild: DW

Insgesamt leben 900 alte Menschen hier, die meisten in ärmlichen Verhältnissen. Wie zum Beispiel Buang Idup und seine Frau. Sie leben direkt an einem Fluss, braunes, brackiges Wasser fließt an ihrem Holzverschlag vorbei. Der Boden besteht aus gestampfter Erde. Über Besuch und gelegentliche Unterstützung freuen sie sich sehr. Und das sollte auch so sein sagt Eva Sabdono. Schließlich sei ein gegenseitiges Geben und Nehmen Teil der indonesischen Kultur.

Man solle sich nicht allein auf die Regierung verlassen, sagt die Vorsitzende der NGO Emong Lansia. Denn diese wird, ihrer Einschätzung nach, auch in den nächsten Jahren nicht sehr viel Erfolg haben bei der Errichtung eines umfassenden Sozialversicherungssystem für die 230 Millionen Indonesier.

Autorin: Ziphora Robina

Redaktion: Peter Koppen