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Blumen für die Helden von Tschernobyl

26. April 2016

Vor genau 30 Jahren ereignete sich in der Ukraine der schlimmste Atomunfall der Geschichte. Mit einem Blumenkranz an der Reaktorruine gedachte Präsident Poroschenko der Opfer der radioaktiven Katastrophe.

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Petro Poroschenko legt zum Gedenken an die Tschernobyl-Opfer einen Rosenstrauß nieder (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/M.Markiv/Press Office of the President of Ukraine

Zum Zeitpunkt der Explosion um 13.23 Uhr Ortszeit legten zahlreiche Menschen Blumen am Denkmal für die Opfer in Slawutitsch nahe des Unglücksreaktors nieder und zündeten Kerzen an. Bei einer Gedenkveranstaltung an der Reaktorruine legte Präsident Petro Poroschenko einen Kranz nieder. Tschernobyl sei die weltweit "schlimmste von Menschen verursachte Katastrophe". "Wir sind hier, um alles was nur möglich ist zu tun, um solche Unfälle in Zukunft zu verhindern", sagte der ukrainische Präsident.

In Tschernobyl liegt ein Blumenstrauß an dem Mahnmal in Sichtweite der Reaktorruine (Foto: F Warwick/DW)
In Tschernobyl erinnert ein Mahnmal in Sichtweite der Reaktorruine an die AtomkatastropheBild: DW/F. Warwick

Begleitet wurde Poroschenko vom Präsidenten der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), Suma Chakrabarti, der ein Abkommen über 40 Millionen Euro für ein neues Atommülllager in Tschernobyl unterzeichnete. Poroschenko bedankte sich bei der Bank und bei den G7-Staaten, die weitere 47,5 Millionen Euro zusagten, für diese "wichtige Geste der Solidarität". Am Vormittag hatte Poroschenko einer Gedenkzeremonie am Denkmal der "Helden von Tschernobyl" in der Hauptstadt Kiew beigewohnt.

"30 Jahre Tschernobyl - Nie wieder"

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace erinnerte bereits in der Nacht mit einer Lichtinstallation an die Reaktorkatastrophe. Die Umweltschützer projizierten Fotos von Opfern auf die Außenwand des maroden Beton-Sarkophags über dem Reaktor - mit der Überschrift "30 Jahre Tschernobyl - Nie wieder" und "Endloses Leid".

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Yukiya Amano, mahnte anlässlich des 30. Jahrestags der Tschernobyl-Katastrophe strenge Sicherheitsvorkehrungen für Atomkraftwerke an. Sicherheit könne "nie als selbstverständlich vorausgesetzt werden", erklärte Amano. Dies sei die wichtigste Lehre, die aus den Atomunfällen in Tschernobyl und im japanischen Fukushima im Jahr 2011 gezogen werden müsse.

Putin würdigt Einsatz der Tschernobyl-Helfer

Auch in Moskau wurde zum 30. Jahrestag der Atomkatastrophe von Tschernobyl der Opfer gedacht. Russlands Präsident Wladimir Putin lobte den Mut und die Selbstaufopferung der damaligen Helfer. "Tschernobyl ist eine ernste Lehre für die ganze Menschheit geworden, und die Folgen hallen wie ein raues Echo bis heute nach - auf die Umwelt und die Gesundheit der Menschen", schrieb Putin in einem Telegramm an die sogenannten Liquidatoren in Moskau. Ohne den heldenhaften Einsatz der Helfer hätte die Tragödie noch viel schlimmere Ausmaße annehmen können, sagte der Kremlchef. "Viele von ihnen haben ihr eigenes Leben geopfert, um andere zu retten. Wir verneigen uns im Gedächtnis an die Verstorbenen."

Strahlung kostete Zehntausenden das Leben

Der Reaktor im sowjetischen Kernkraftwerk in Tschernobyl im Norden der Ukraine war am 26. April 1986 explodiert. Der Explosion war ein fehlgeschlagenes Experiment vorausgegangen. Es dauerte zehn Tage, bis die brennende Ruine gelöscht war. Durch das Unglück wurden große Mengen Radioaktivität freigesetzt, die weite Gebiete der damaligen Sowjetunion und Europas verstrahlten. Weite Teile von Weißrussland, Russland und der Ukraine wurden durch die radioaktive Strahlung unbewohnbar. Mehr als 100.000 Menschen mussten umgesiedelt werden.

Ein verlassenens Klassenzimmer in der Sperrzone von Tschernobyl (Foto: F Warwick/DW)
Verstrahlt und verlassen: ein Klassenzimmer in der Sperrzone von TschernobylBild: DW/F. Warwick

Es war die bisher größte Katastrophe in der Geschichte der zivilen Nutzung der Atomenergie. Die Zahl der Todesfälle, die langfristig auf den Super-GAU zurückzuführen sind, ist umstritten: Mindestens 30 Menschen starben unmittelbar nach dem Unglück. Ein UN-Gutachten rechnete 2005 mit insgesamt bis zu 4000 Strahlentoten, Greenpeace geht langfristig eher von 100.000 Toten aus.

Neuer Sarkophag für Tschernobyl

Noch heute befinden sich rund 200 Tonnen Uran in der Reaktorruine von Tschernobyl, eine dicke Betonhülle ummantelt sie. Der Schutzmantel droht aber brüchig zu werden, deshalb soll mit internationaler Hilfe bis zum kommenden Jahr ein neuer 25.000 Tonnen schwerer Stahlmantel fertiggestellt werden.

Baukräne am neuen Sarkophag in Tschernobyl
Der neue Sarkophag: Die neue Reaktorhülle in Tschernobyl soll 100 Jahre lang die radioaktive Strahlung abhaltenBild: picture-alliance/dpa/A. Stein

Nach Angaben von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks beteiligt Deutschland sich mit fast 140 Millionen Euro an den Kosten für den Bau, der ihren Angaben zufolge insgesamt rund zwei Milliarden Euro kosten wird. "Der neue Sarkophag gilt auch wieder für etwa 100 Jahre, in der Erwartung, dass man in dieser Zeit neue technologische Möglichkeiten findet, mit der Verseuchung und der hohen Strahlenbelastung umzugehen", sagte die Ministerin. Sie würdigte ausdrücklich die Arbeit von privaten Initiativen, die sich seit 30 Jahren um die Gesundheitsversorgung der betroffenen Menschen in der Region kümmerten.

cw/as (dpa, afp, epd)