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Blut für Öl

Oliver Samson / Christiane Grathwohl1. August 2002

Die Entführung von Entwicklungshelfern rückt den Sudan wieder in den Blickpunkt der Medienöffentlichkeit: Das Land ist zerfressen von Kriegen um Religion und Öl.

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Flüchtlingslager: Seit Jahrzehnten leidet im Sudan die ZivilbevölkerungBild: AP

Seit zwei Jahrzehnten tobt in dem ostafrikanischen Land der Bürgerkrieg - Nord gegen Süd, Moslems gegen Christen. Die Wurzeln des Konflikts sind Jahrhunderte alt: Im 14. Jahrhundert kamen die Araber aus Ägypten und islamisierten den christlichen Sudan.

Nur im Süden des heutzutage größten Flächenstaats Afrikas konnte sich eine christliche schwarze Minderheit behaupten. Etwa 30 Prozent aller Einwohner gehören dieser Minderheit an. Die Nilsümpfe trennen sie vom übrigen Land. Nur nach der Unabhängigkeit 1956 wurden die tiefen Gräben kurz von einem übergreifenden Nationalstolz zugeschüttet.

Der Sozialist, die Sharia und das schwarze Gold

Als 1982 der sozialistische (!) Präsident Dschafar Numeiri wieder die strenge islamische Rechtsordnung Sharia einführte, brach ein neuer Krieg mit den Südprovinzen aus, der bis heute rund Millionen Tote gefordert haben soll. Die Erschließung neuer Ölvorkommen haben den Konflikt in den letzten Jahren eskalieren lassen. Im Süden des Landes werden heute täglich rund 220.000 Barrel des schwarzen Goldes gefördert. Die Einnahmen gehen bisher ausschließlich an die islamistische Militär-Regierung.

Mit den Erdöleinnahmen werden neue Waffen gekauft, um die strategisch wichtigen Ölfördergebiete Upper Nile Bahr und el-Ghazal mit allen Mitteln zu sichern. Diese sollen gegen die Rebellen der "Sudan People's Liberation Army" (SPLA) verteidigt werden. John Prendergast, Co-Direktor des Afrika-Programms der "International Crisis Group", betont die neue Qualität des Konfliktes: "Die Taktiken des Krieges zielen inzwischen auf beiden Seiten direkt auf zivile Ziele."

Bauern auf der Flucht

Der Krieg ums Öl trifft vor allem Bauern und Hirten vom Volk der Nuer, die schon zu Tausenden geflüchtet sind - zumeist in die Rückzugsgebiete der Rebellen, der "Sudan People's Liberation Army" (SLPA). Keiner weiß, wie viele Vertriebene am oberen Nil umherirren. Schätzungen von UN-Mitarbeitern gehen von mindestens 50.000 aus.

Die Rebellen der SPLA versuchen, ausländische Ölfirmen und deren Infrastruktur zu zerstören. Dadurch sehen wiederum die Regierungstruppen des Nordens ihren Profit gefährdet. So bombardieren und vertreiben sie Dorfbewohner, die angeblich mit der SPLA zusammenarbeiten. Ausländische Firmen haben im Sudan etwa zwei Milliarden Dollar in die Ölförderung investiert.

Ein erster Schritt

Eine Lösung des verfahrenen Konflikts scheint noch in weiter Ferne zu liegen. Der Anstoß zu einem Ende des Blutvergießens kann augenscheinlich nur durch Druck von außen kommen. Zum Beispiel aus Übersee: Den USA galt der Sudan unter der Regierung von General Al-Baschir bislang als "Schurkenstaat“, der im Golfkrieg den Irak unterstützte und Mitte der 1990er Jahre Osama Bin Laden ein luxuriöses Asyl gewährte.

Nach dem 11. September vollzog Al-Baschir eine Wende: Der Sudan beteiligt sich sogar aktiv an den Suche nach El-Kaida-Terroristen und konnte sich so eine gewisse Wertschätzung erarbeiten. Die USA besitzen somit zwei Optionen, um politischen Druck auszuüben: Bislang bekommen die SPLA-Rebellen nicht nur Geld von der US-Regierung, sie werden auch von christlichen Gruppen massiv unterstützt.

Auf der anderen Seite besteht die Möglichkeit, die Regierung in Khartum mit der Aussicht auf ein Ende der verhängten Sanktionen zu einem Einlenken zu bewegen. Ende letzten Jahres wurde auf diesem Wege immerhin ein örtlicher Waffenstillstand in den Nuba-Bergen ausgehandelt – ein erster Schritt auf dem langen Weg zum Frieden in einem geschundenen Land.