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Blutbad in Köln verhindert

19. November 2007

Die Polizei hat den Amoklauf zweier Gymnasiasten vereiteln können. Nach Hinweisen im Internet schlugen wachsame Mitschüler Alarm. Einer der vermutlichen Amokläufer beging danach Selbstmord.

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Der vermeintliche Amokläufer hatte sich vor diese Straßenbahn gestürzt (Quelle: dpa)
Der vermeintliche Amokläufer hatte sich vor diese Straßenbahn gestürztBild: picture-alliance/ dpa

Zwei Schüler des Kölner Georg-Büchner-Gymnasiums im Alter von 17 und 18 Jahren wollten nach Angaben der Polizei ein Blutbad unter Mitschülern anrichten. Zwei Armbrüste und 16 Pfeile lagen zu Hause parat, neben einer Liste mit 17 Vornamen von Lehrern und Schülern und einigen Softair-Waffen, wie die Polizei am Sonntag (18.11.2007) mitteilte. Ein Motiv für den Plan war nicht direkt zu erkennen, der 18-Jährige hatte allerdings über Mobbing von Mitschülern geklagt.

Das Georg-Buechner-Gymnasium in Köln (Quelle: AP)
Einem Massaker entgangen? Das Georg-Buechner-Gymnasium in KölnBild: AP

Der Amoklauf sollte exakt am Jahrestag des Amoklaufs im deutschen Emsdetten stattfinden. Am 20. November vor genau einem Jahr hatte ein hasserfüllter Ex-Schüler im westfälischen Emsdetten mit einem Waffenarsenal von Gewehren, Sprengfallen und Rauchbomben seine frühere Schule überfallen, 37 Menschen verletzt und anschließend sich selbst getötet.

Spur zu Amokläufern übers Internet

Dass es nicht erneut zu einem Amoklauf kam, lag an der Wachsamkeit mehrerer Mitschüler: Sie sahen, dass der 17-Jährige Bilder des Massakers an der Columbine High School im US-Bundesstaat Colorado ins Internet gestellt hatte und alarmierten die Schulleitung.

Um eine Ausrede war der 17-Jährige zunächst nicht verlegen: Er habe die Bilder von dem Amoklauf ins Internet gestellt, um vor solchen Taten zu warnen, sagte er in einem Gespräch mit Schulleitung und Polizei, das bereits am Freitag stattfand. Bei dem Massaker von Littleton hatten zwei Schüler zwölf Mitschüler, einen Lehrer und schließlich sich selbst umgebracht.

Selbstmord nach Befragung

Nach dem Gespräch wurde der Junge - er wurde als unauffällig beschrieben - nach Hause geschickt. Dort kam er nicht mehr an. Augenzeugen beobachteten, wie sich der 17-Jährige absichtlich vor eine Straßenbahn warf. Wenig später erlag der Schüler seinen Verletzungen.

Als die Polizei erfuhr, dass es sich bei dem Selbstmörder um jenen Jungen mit den Amok-Fotos handelte, verschärften die Beamten ihre Ermittlungen und kamen bald auf die Spur seines 18-jährigen Kumpels. Dieser gab den Plan für die Bluttat zu: Sie wollten in ihrer Schule Menschen verletzen und töten und sich danach selbst das Leben nehmen, gab die Polizei die Aussagen des 18-Jährigen wieder. Neben den Waffen stellte die Polizei auch die Computer der beiden Schüler sicher.

Die Frage nach dem Warum

Armbrust, Pfeile, Softair-Pistolen: Die Polizei präsentiert die Waffen der Gymnasiasten (Quelle: AP)
Armbrust, Pfeile, Softair-Pistolen: Die Polizei präsentiert die Waffen der GymnasiastenBild: AP

Von der Auswertung der Computer erhoffen sich die Ermittler weitere Hinweise auf die Gründe für den blutigen Plan. Vor allem die Motive des 17-Jährigen liegen noch im Dunkeln. Norbert Wagner von der Kölner Polizei sagte, der 18-Jährige passe "in das klassische Raster, das man bei solchen Tätern immer wieder findet." Er spielte damit auf die Mobbing-Klagen des 18-Jährigen an, der bis auf den 17-Jährigen nach ersten Erkenntnissen der Polizei wenig enge Freude hat.

Vorwürfe an die Polizei

Die Polizei wehrt sich inzwischen gegen den Vorwurf, den Selbstmord des 17-jährigen Tatverdächtigen möglicherweise mitverschuldet zu haben. In der Presse wurde der Vorwurf geäußert, die Polizei hätte ihn in dieser Situation nicht unbeaufsichtigt lassen dürfen.

"Wir haben alles gemacht, was auch im Erlass des Ministeriums steht", sagte dazu am Montag ein Sprecher der Kölner Polizei. Zwei Polizisten hätten im Beisein der Schulleitung mit dem Jugendlichen gesprochen. "Dabei ergab sich erst einmal ein positives Bild", sagte der Sprecher. Der 17-Jährige habe sofort zugesagt, die Bilder des Schulmassakers, die er ins Internet gestellt hatte, zu löschen. Er habe nur verhindern wollen, dass so etwas noch einmal geschehen würde, beteuerte er. Nach Angaben des Polizeisprechers deutete nichts auf den bevorstehenden Selbstmord hin. (leix)