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Blutiger Taliban-Angriff im Botschaftsviertel

12. Dezember 2015

Beim zweiten großen Anschlag der Taliban innerhalb einer Woche in Afghanistan sind mindestens vier Menschen getötet worden. Die Botschaft scheint klar: Ernsthafte Friedensgespräche wird es vorerst nicht geben.

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Sicherheitskräfte unmittelbar nach Beginn des Angriffs (Foto: dpa)
Sicherheitskräfte unmittelbar nach Beginn des AngriffsBild: picture-alliance/dpa/J. Jalali

Nur wenige Stunden lagen dazwischen: Am Freitagnachmittag sagte der afghanische Präsident Aschraf Ghani, Friedensgespräche mit den Taliban würden bald beginnen. Am Abend griffen die Islamisten ein internationales Gästehaus in der Hauptstadt Kabul an und lieferten sich erneut stundenlange Gefechte mit den Sicherheitskräften. Ein Wachmann berichtete, gegen Mitternacht seien Englisch sprechende Soldaten angerückt. Wie viele Menschen sich während der Attacke im Gästehaus aufhielten, war zunächst unklar. Unter den Toten waren auch zwei der Angreifer. Die Kämpfe dauerten nach sieben Stunden noch an.

Der Anschlagsort wurde von afghanischen Spezialkräften abgeriegelt. Am frühen Samstagmorgen waren eine Reihe von Explosionen und Schüssen zu hören. In Scherpur befinden sich die Sitze mehrerer ausländischer Hilfsorganisationen und die Wohnungen von hochrangigen Regierungsvertretern, darunter Vizepräsident Abdul Raschid Dostum.

Ashraf Ghani (Foto: Reuters)
Ashraf GhaniBild: Reuters/O. Sobhani

Zuvor hatte Präsident Ghani bei einer Pressekonferenz gesagt, dass Friedensgespräche mit den Taliban innerhalb weniger Wochen beginnen sollten. Am Rande einer Afghanistan-Konferenz in Pakistan hatte er am Mittwoch mit Vertretern der USA, Chinas und Pakistans darüber beraten, wie man die Islamisten an den Verhandlungstisch zurückbringen könne. Die neue Welle der Gewalt wird von Analysten als Absage an dieses Angebot gewertet.

Die Talibankämpfer zündeten zunächst eine Autobombe vor dem Tor des Gästehauses im zentralen Stadtteil Scherpur. Dabei sei ein afghanischer Wächter ums Leben gekommen, sagte ein Augenzeuge. Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy teilte später mit, auch ein 48-jähriger spanischer Polizist sei tödlich verletzt worden. Der stellvertretende afghanische Innenminister Ajub Salangi gab nach fünfstündigem Einsatz gegen die Angreifer via Twitter bekannt, zwei Taliban seien getötet worden.

Verwirrung um die Angreifer

Wie viele Angreifer in das Haus eingedrungen waren, blieb zunächst unklar. Verwirrung gab es auch um das Ziel der Attacke. Zunächst hatte das Außenministerium in Madrid erklärt, der Angriff habe der spanischen Botschaft gegolten. Später dementierte dies Rajoy. Der Angriff habe sich gegen ein Gästehaus in der Nähe der spanischen Botschaft gerichtet. Die Botschaft arbeitet in Scherpur in mehreren Gebäuden, von denen einige auch als Gästehäuser dienen.

Spezialkräfte riegelten den Anschlagsort sofort ab (Foto: EPA)
Spezialkräfte riegelten den Anschlagsort sofort abBild: picture-alliance/dpa/J. Jalali

Der Sprecher des Innenministeriums, Sedik Sedikki, sagte: "Ich kann bestätigen, dass ein Gästehaus von Ausländern in der Gegend Scherpur in Kabul mit einer Autobombe angegriffen wurde. Bislang kennen wir die Anzahl der Opfer nicht." Das Emergency-Hospital, ein Krankenhaus am Rande Scherpurs, teilte über Twitter mit, dort seien sieben verletzte Afghanen aufgenommen worden.

Die Taliban bekannten sich zu der Tat. Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid teilte über Twitter mit: "Selbstmordattentäter sind in ein Gästehaus ausländischer Besatzer eingedrungen." Die Äußerungen Ghanis zu den Friedensgesprächen wies er zurück: Die Taliban-Kämpfer machten "schnelle militärische Gewinne", schrieb er auf Twitter. "Von uns zu erwarten, dass wir aufgeben und zu Gesprächen kommen, ist Dummheit", fügte der Taliban-Sprecher hinzu.

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist äußerst angespannt. Am Dienstag hatten Kämpfer der Taliban den Flughafen der Provinzhauptstadt Kandahar im Süden gestürmt, sich Gefechte mit Sicherheitskräften geliefert und sich inmitten von Zivilisten in die Luft gesprengt. Bei dem 27 Stunden dauernden Angriff wurden nach offiziellen Angaben 38 Zivilisten und zwölf Sicherheitskräfte getötet. Im September hatten die Taliban das nordafghanische Kundus in einer Blitzoffensive erobert. Sie wurden nach zwei Wochen von der afghanischen Armee zurückgedrängt.

stu/wl (afp, dpa)