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Glückliches Volk

Marc-Christoph Wagner13. Februar 2009

In unserer Rubrik "Mail aus..." berichten unsere Korrespondenten über lustige und skurrile Geschichten aus ihrem Alltag im Gastland. Diese Woche schreibt uns Marc-Christoph Wagner aus Dänemark.

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Ein Kalenderblatt: Freitag, 13.
Gleich zweimal gibt es den Unglückstag in diesem JahrBild: BilderBox

Einer britischen Untersuchung zufolge lebe ich in dem Land der Welt, das von den glücklichsten Menschen bewohnt wird. Einen ausländischen Betrachter mag das kaum verwundern – immerhin hatten die Dänen zu Jahresbeginn eine Arbeitslosigkeit von 1,9 Prozent; die dänischen Frauen können – dank garantierter Betreuung – Kinder zur Welt bringen, ohne das Karriere-Aus fürchten zu müssen und auch ansonsten lebt es sich zwar teuer, aber bequem in dem Land, in dem alle per Du sind – von der Königsfamilie einmal abgesehen.

Keine Höhenflüge, keine Arroganz

Rathausplatz in Kopenhagen
Die Dänen sollen das glücklichste Volk der Welt seinBild: Bilderbox

Überrascht sind allein die Dänen selbst. Wir, das glücklichste Volk der Welt? Entweder, so schmunzelt man, müsse es allen anderen Nationen verdammt schlecht gehen. Oder aber man selbst habe so geringe Erwartungen an das Dasein, das man immer wieder positiv überrascht werde, wenn es doch nicht so schlimm komme, wie gedacht.

"Wir sind nicht geschaffen für Höhen und Wind, am Boden zu bleiben am besten uns dient", schrieb schon der Theologe Niels Frederik Severin Grundtvig seinen Landsleuten im 19. Jahrhundert ins Stammbuch. Und daran hat sich im Grunde bis heute nichts geändert: Der Däne steht gerne mit beiden Beinen auf seiner zumeist matschigen Erde.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Ein Schornsteinfeger hält zwei Blätter hoch, auf denen "Freitag, 13" steht (Foto: dpa)
Aberglaube ist in Dänemark nicht weit verbreitetBild: picture-alliance/Bildfunk

Diese Bodenhaftung, allerdings verbunden mit einer gewissen Skepsis den Dingen des Lebens gegenüber, bewahrt den Dänen auch vor zu viel Aberglauben. Gewiss, es ist Freitag, der 13.! Sogar gleich zwei Mal nacheinander, denn im März wiederholt sich diese fragwürdige Kombination. Aber kann es derzeit schlimmer kommen, als es ist? Es ist Februar, die Tage sind grau und kurz, nass und kalt, wohin man auch geht, stets kommt der kalte Wind von vorne. Da heißt es, sich zu krümmen, den schnellsten Punkt von A nach B zu finden, irgendwie zu überwintern.

Denn wie schrieb der dänische Schriftsteller Klaus Rifbjerg einst in einem Essay über seine Landsleute: "Sicher, manchmal kann es schon hart sein, und bestimmt hat man zwischendurch schon mal Lust, den Kragen hochzuschlagen und in den Kanal zu springen. Aber plötzlich ist dann dieses Licht da und ein Ton in der Luft, ein Hauch von fernem Frühling, der Geruch des Meeres und eine Amsel, die auf einem Dachfirst singt. Dann geht man weiter und ist ein wenig stolz. Auch darauf, Däne zu sein." Glücklich ist das Volk, das sich mit so wenig zufrieden gibt.