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Exklusiv-Interview mit Boko-Haram-Geisel

Vera Tellmann31. Mai 2016

Christina Ijabla wurde in Nigeria fast zwei Jahre lang von der Terrormiliz Boko Haram festgehalten, vor einem Monat gelang ihr die Flucht. Im Interview erzählt sie vom Schicksal der entführten Schülerinnen aus Chibok.

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Nigeria Christina Ijabla, Boko Haram-Opfer
Bild: DW/J.P. Scholz

Offenbar würden viele der über 270 Mädchen aus Chibok im Dorf Kago im Sambisa-Wald an der Grenze zwischen Nigeria und Kamerun gefangen gehalten, so Ijabla. Einmal habe sie einige gesehen, aber Abstand halten müssen. Die Geiseln erhielten „eine Art Sonderbehandlung. Manche wurden mit Kommandeuren von Boko Haram verheiratet, aber so, wie ich das sehen konnte, waren die meisten noch zusammen.“

An ihrem vorherigen Aufenthaltsort Gwoza seien angeblich drei der Mädchen bei einem Luftangriff des nigerianischen Militärs getötet worden. Offenbar dringe das Militär im Kampf gegen Boko Haram im Sambisa-Wald immer weiter vor, sagte Ijabla. Sie habe eine Audiobotschaft des Terroristenanführers Abubakar Shekau an die Kämpfer gehört, in der er sich dafür ausspricht, mit der Regierung über eine Freilassung der Mädchen gegen Lösegeld zu verhandeln.

Über ihre eigene Entführung in ihrer Heimatstadt Madagali sagte Ijabla: „Es fielen Schüsse, es herrschte Chaos. Fünf Männer stellten sich uns in den Weg. Sie zeigten keine Gnade. Sie brachten mich und die anderen Mädchen in ein Haus in Madagali und hielten uns dort gefangen.“

Nach rund einem Jahr seien sie ebenfalls in den Sambisa-Wald verschleppt worden. Nachdem ein Mädchen vor den Augen der anderen erschossen wurde, hätten sie den Drohungen der Kämpfer nachgegeben und sie geheiratet, so Ijabla. Sie berichtete von häufigen Vergewaltigungen und Schlägen. Ijabla weiter: „Wir schliefen unter Bäumen. Häuser gibt es keine, nur viele kleine Camps. Überall werden Frauen und Kinder gefangen gehalten. Zu Essen gab es nur Mais.“

Die erfolgreiche Flucht zweier Mädchen habe sie ermutigt, selbst zu fliehen. Seit ihrer Rückkehr habe sie keine staatliche Hilfe erhalten, sagte Ijabla, die heute im Haus eines Onkels lebt und auf die Geburt ihres in Gefangenschaft gezeugten Kindes wartet. „Du kannst dich nur auf deine eigene Familie verlassen“, so die 20-Jährige.

Die Deutsche Welle verfügt in West- und Zentralafrika über ein dichtes Netz an afrikanischen Radiokorrespondenten. Seit 2014 erstatten zwei deutsche DW-Reporter Bericht aus Lagos, Nigeria.