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Bomben fern jeder Ideologie

Patrick Tippelt8. Januar 2007

Die Silvester-Anschläge wollten nur eins, und dabei waren sie auch erfolgreich. Die Bürger fürchten sich nicht so sehr vor weiteren Anschlägen als vor der Regierung. Da helfen auch Truppenmobilisierungen nicht weiter.

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Die mit Blut überzogenen Früchte auf dem Klong Toey-Markt sind schon lange entsorgt. Zersprungene Fassaden sind ersetzt worden. Viele der Verwundeten haben die Krankenhäuser verlassen können. Und die Toten wurden beerdigt. Die acht Bomben in Bangkok, die pünktlich zum Silvesterabend gezündet worden waren, haben die Stadt nicht großartig verändert.

Klingeltöne in Clubs

Zwar schlossen viele Geschäfte früher und die meisten der öffentlich abgehaltenen Feierlichkeiten wurden abgesagt, doch in den Clubs der Stadt wurde gefeiert. Partys wurden nur durch allerhand Klingeltöne gestört. Cliquen scharten sich um Mobiltelefone, auf denen die neuesten Nachrichten eintrudelten. Truppen zogen – wieder einmal – in die Stadt ein, um das Sicherheitsgefühl der Bürger zu stützen in der Nacht der Nächte. Und schon am Neujahrstag genossen Touristen die verkehrsfreien Straßen. Da nutzten auch alle Reisewarnungen nichts. Der Terror ging im globalen Silvestertaumel schlicht unter.

Acht Bomben, zwei Lager

Mit den Nachrichten vermischten sich prompt Gerüchte über die Bombenleger, und die Allgemeinheit teilte sich am klaren Neujahrstag in zwei Lager: In die wenigen, die südthailändische Separatisten dafür verantwortlich machten, und die große Mehrheit, die die Täter den Gegnern der derzeitigen Regierung zuschieben.

Auch eine Woche später ist man des Rätsels Lösung keinen Schritt näher gekommen. Die Polizei vor Ort war einer solchen auch nicht wirklich behilflich. Zu rasch wurden die Spuren verwischt, die Tatorte geräumt, Forensiker bei ihrer Arbeit behindert. Allen voran: die Truppe unter Porntip Rojanasunan, Thailands Top-Frau auf diesem Gebiet, die schon während der Aufräumarbeiten nach dem Tsunami von 2004 gemächlichen Bürokraten zu forsch vorging.

Unbehaglicher Schabernack

Während zahlreiche Trittbrettfahrer seit Neujahr Schabernack treiben mit scheinbar überforderten Sicherheitskräften, wächst das Unbehagen der Bangkoker anhand fehlender Festnahmen. Trotz zahlreicher Kameras an den Orten, an denen die Bomben explodierten, schaffte die Polizei es nicht, Verdächtige festzunehmen. Anstatt sich auf das verpuffende Beweismaterial zu stürzen, ereifern sich Politiker, verstärken zuständige Behörden gegenseitige Beschuldigungen.

Un-ideologische Bomben?

Thaksin Shinawatra, Thailands verdrängter Premier, schickte per Fax eine Tirade aus Peking, in der er sich von jeder Schuld reinwäscht. Keiner von seinen ehemaligen Kumpanen sei für die Bomben zuständig. Die Putschisten sollten aufhören, seine Freunde zu beschuldigen und ihren Blick gen Süden wenden.

Leider übernimmt dort keine Separatistengruppe die Verantwortung für den Terroranschlag vom 31. Dezember. Auch wenn die Militärregierung beteuert, die Bomben hätten nichts mit Ideologie zu tun, wird klar, dass sie doch politisch motiviert waren. Sie sollen die Regierung aufrütteln und unterminieren. Was ihnen auch gelingt.

Wurde der Oberputschist vom 19. September 2006, Sonthi Boonyaratkalin, noch am 1. Januar in einer Umfrage zur Person des Jahres gekürt, verliert die Regierung rasch die Unterstützung der Thais. Ein Drittel der Bevölkerung hat sich von ihnen abgewandt. Nur 50 Prozent der Befragten glaubt, dass die Regierung die öffentliche Sicherheit garantieren kann. Und zu viele fürchten, dass die Putschisten die Anschläge als Ausrede missbrauchen werden, um noch länger an der Macht zu bleiben.

Da helfen auch die Truppen nicht, die nun mobilisiert werden, die Soldaten, die in Richtung Bangkok marschieren. Obwohl die auch nur die Bürger schützen soll, am nächsten Samstag, wenn ganz Bangkok den thailändischen Tag des Kindes feiert.