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Bayern-Gegner Borisov

Florian Bauer5. Dezember 2012

An diesem Mittwoch spielt Bayern München gegen BATE Borisov. Die Weißrussen schlagen sich mit einem Mini-Etat bisher beachtlich gegen die Konkurrenz und können noch den Einzug in die Europa League schaffen.

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BATE Borisovs Marko Simic (l.) im Duell mit Bayern Münchens Mario Mandzukic. (Foto: GettyImages)
Bild: Viktor Drachev/AFP/GettyImages

Wenn man das Phänomen der diesjährigen Champions League-Saison besuchen will, muss man in die weißrussische Hauptstadt Minsk fliegen und dann noch 75 Kilometer mit dem Auto fahren. Angekommen in Borisov, erwartet einen die mit 170.000 Einwohnern neuntgrößte Stadt Weißrusslands (Belarus). Es ist keine besonders schöne Stadt, die Industriestadt ist geprägt von Fabriken und Plattenbauten im Sowjetstil.

Es ist die Heimat der Überraschungsmannschaft der Champions League-Saison. BATE Borisov ist zum dritten Mal seit 2008 dabei, nur gewonnen hatte sie nie, bis zu diesem 3:1 gegen die Bayern am zweiten Spieltag, der einzigen Niederlage der Bayern bisher. Seitdem kennt jeder Fußballfreund BATE Borisov, nur kaum einer die Geschichte dahinter.

Keine Sponsoren in Sicht

Eine Schlüsselfigur ist Präsident Anatolij Kapskij. Er hat den Club Mitte der 1990er Jahre nach dem Aufstieg in die erste Liga finanziert. Und er lässt auf sich warten, bevor er Audienz gibt und dann sagt, dass BATE ein Club sei, weder groß, noch reich. "Wir hätten nichts gegen einen reichen Sponsor, aber wir würden es uns zweimal überlegen, ob wir durch so einen Sponsor oder Oligarchen nicht unseren Teamgeist verlieren würden."

Es ist eine ungewöhnliche Aussage für einen Champions League-Club, die ja sonst gemeinhin hohe Ziele haben. Aber es ist auch eine sonderbare Geschichte, die Geschichte dieses Provinzclubs BATE Borisov, der 1959 entstanden ist als Betriebsmannschaft des staatlichen Generatorenherstellers BATE.

Vor Liga-Spielen im November wird hier der Schnee schon mal von den eigenen Fans weggeräumt. Es geht familiär zu beim Champions-League-Club und Serienmeister der weißrussischen Liga. Seit 2006 heißt der immer BATE und nicht mehr Dynamo Minsk, das bisher in Europa bekannter ist.

Dynamo Minsk abgelöst

Es ist eine sonderbare Geschichte, die von BATE Borisov: Es gibt keinen Oligarchen und keine Großsponsoren in einem Land, in dem Staatswirtschaft herrscht und die 600 Staatsunternehmen die Vereine eher schlecht finanzieren. Der Jahres-Etat liegt bei unter neun Millionen Euro, dem Jahresgehalt eines Mario Gomez bei Bayern München. Wohl kein anderer Club hat jemals in der Königsklasse mit so wenig Geld so gut mitgespielt.

Training in Borisov ist im Wald, auf einem alten Gelände der BATE-Fabrik, und weil es draußen zuviel geschneit hat und es keine Rasenheizung gibt, muss an diesem Tag im November in einem aufblasbaren Zelt trainiert werden. Ein neues Trainingsgelände samt Jugendakademie für 400 Nachwuchsspieler ist aber schon in Planung, die Champions League-Millionen sollen nachhaltig investiert werden. Der Trainer, Victor Goncharenko, sagt zu den Möglichkeiten des Clubs: "Unser Hauptproblem ist, dass unsere Liga einfach nicht stark genug ist. Dadurch ist es schwer für uns, in Europa mitzuhalten. Da fehlt es einfach an der Infrastruktur in allen Clubs, die müssen wir verbessern, wenn wir die Zukunft des weißrussischen Fußballs sichern wollen."

Das Team von BATE Borisov
Das Team von BATE Borisov überraschte in der Champions LeagueBild: picture-alliance/dpa

Victor Goncharenko ist auch so eine besondere Geschichte. 2008 war er mit damals 32 Jahren der jüngste Trainer eines Champions League-Clubs überhaupt. Jeden Winter - in der Pause der weißrussischen Liga - hospitiert er bei großen Vereinen. Beim AC Mailand, Ajax Amsterdam oder bei den Bayern unter Trainer Louis van Gaal war er schon. Seine zwei Fitnesscoachs hat er von Real Valladolid aus Spanien mitgebracht.

Ein Stadion als Dankeschön vom Diktator

Am Stadtrand von Borisov baut die Regionalverwaltung derweil für den Club ein neues Stadion für 13.000 Zuschauer - auf Anordnung des weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko, der oft als letzter Diktator Europas bezeichnet wird. Das Stadion soll das Dankeschön sein für die Unterstützung des Club-Präsidenten Anatoly Kapskys bei der letzten Präsidentschaftswahl, heißt es. In einem totalitären Regime ist alles möglich.

Eines der Aushängeschilder Weißrusslands ist Alexander Hleb. Er wurde beim VfB Stuttgart zum Star, bevor er zu Arsenal London und zum FC Barcelona ging. Nach vielen Verletzungen spielt er jetzt bei BATE Borisov und sagt in gebrochenem Deutsch, dass der weißrussische Fußball nicht so groß sei und Investoren rar. "Und was wir geschafft haben hier, nur mit weißrussischen Spielern, das ist einfach top."

Für einige BATE-Spieler soll es schon Anfragen aus Genua und Neapel sowie West Ham United geben. Hlebs Vertrag läuft auch nur bis Ende des Jahres. Er will zurück in die Bundesliga. Aber erstmal will er mit BATE den Einzug in die Europa League klarmachen. Als Dritter der Gruppe und durch den zweiten Sieg gegen die Bayern.

Wirklich wahrscheinlich ist der aber nicht, trotz oder wegen der Geschichte von BATE Borisov.