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Bosnien-Herzegowina hofft auf die Wende

3. Oktober 2010

Der Vielvölkerstaat Bosnien-Herzegowina hat eine neue politische Führung gewählt. Die ethnischen Konflikte zwischen Serben, Kroaten und Muslimen lähmen allerdings Reformen und spalten das Land.

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Die Fahne von Bosnien-Herzowina und eine EU-Fahne wehen in Berlin unweit des Reichstages. (Foto: dpa)
Der Weg in die EU ist für Bosnien-Herzegowina noch weitBild: picture-alliance/ ZB

In den beiden Landesteilen, der Republika Srpska (RS) und der Muslimisch-Kroatischen Föderation, waren am Sonntag (03.10.2010) insgesamt 3,1 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, die Zentralregierung in Sarajevo und das dreiteilige Staatspräsidium neu zu bestimmen. Der Urnengang weckte bei vielen Wählern Hoffnungen auf ein Ende des politischen Stillstands.

Abgestimmt wurde über die Besetzung des Staatspräsidiums, über das gesamtstaatliche Parlament sowie über die Parlamente der beiden Gebietseinheiten. Im serbischen Landesteil wurde zudem ein neuer Präsident gewählt. Im bosnisch-kroatischen Teil wurden parallel Bezirkswahlen abgehalten.

Mostar
Sinnbild für die Trennung: Mostar teilt sich in eine kroatische und eine bosniakische Stadthälfte auf.Bild: Sanel Kajan



Präsidentenposten rotiert alle acht Monate

In dem dreiteiligen Staatspräsidium, dem jeweils ein Serbe, ein Kroate und ein Muslim angehören, rotiert alle acht Monate der Posten des Präsidenten. Die drei bisherigen Mitglieder des Präsidiums - der Kroate Zeljko Komsic, der Muslime Haris Silajdzic und der serbische Vertreter Nebojsa Radmanovic - stellten sich zur Wiederwahl.

Das komplizierte Gefüge von Institutionen wurde nach dem Bosnien-Krieg 1995 mit dem Friedensabkommen von Dayton geschaffen, um den verschiedenen Volksgruppen gerecht zu werden. Während die beiden Teilrepubliken weitgehende Autonomie genießen, gilt die Zentralregierung als äußerst schwach. Die ethnischen Konflikte zwischen Serben, Kroaten und Muslimen lähmen Reformen in dem Land und schmälern dadurch die Aussichten auf einen Beitritt zur NATO und zur EU.

Land ist uneins

Gut 15 Jahre nach Ende des Kriegs (1992-1995) hofft die internationale Gemeinschaft darauf, dass der Urnengang eine Regierung hervorbringt, die ethnische Spaltung überwindet und die zentralen Institutionen stärkt. Allerdings dominierten in der von Belgrad unterstützten Republika Srpska besonders Stimmen, die für eine Abspaltung warben. Die bosnischen Muslime hingegen sind strikt gegen einen solchen Schritt und streben eine Zentralisierung der Regierung an.

Eine Ansicht der Osmanischen Festung von Doboj in Bosnien und Herzegowina. (Foto: DW)
Die Osmanischen Festung von Doboj in Bosnien-HerzegowinaBild: DW

In Sarajevo sprachen sich zahlreiche Wähler für eine Überwindung der ethnischen Differenzen aus: Die Nationalisten seien seit Jahren an der Macht gewesen und hätten nichts erreicht, sagte der Geschäftsmann Sejo Kahriman der Nachrichtenagentur AFP. "Ich gehöre auch zu einer ethnischen Gruppe, aber ich lehne es ab, in eine Schublade gesteckt zu werden", sagte der muslimische Polizist Safet Sabovic.

Die Wahlen wurden von mehr als 1100 Beobachtern verfolgt. Bis auf die Jahre 2000 bis 2002, als eine moderate Koalitionsregierung das Land führte, wurde Bosnien seit dem Kriegsende von nationalistischen Gruppierungen regiert. Bosnien gehört zu den ärmsten Ländern Europas.

Autor: Arne Lichtenberg (mit afp)
Redaktion: Marko Langer