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Neue Impulse

19. Juni 2008

Die EU und Bosnien-Herzegowina haben ein Annäherungsabkommen unterzeichnet. Unternehmer erhoffen sich positive Auswirkungen auf die Wirtschaft. Landwirte warnen vor den Folgen.

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Sarajewos Brückenschlag nach EuropaBild: DW

Nach langen Verhandlungen hat die EU mit Bosnien-Herzegowina ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) unterzeichnet. Damit soll die weitere Annäherung des Landes an die europäischen Standards gefördert werden. Insbesondere werden auch positive Auswirkungen für die Wirtschaft des Balkanlandes erwartet.

Azra Hadziahmetovic, Dozentin an der Wirtschaftsfakultät in Sarajewo, zweifelt nicht an den positiven Effekten des Annäherungsabkommens, das bereits am 1. Juli in Kraft tritt. „Damit gehen Handelserleichterungen mit der EU einher. Auf diese Weise sinkt zum Beispiel die Zollbelastung für alle Waren. Das kann Investitionsaktivitäten fördern und die Wirtschaftskraft in Bosnien-Herzegowina stärken“, erklärt Hadziahmetovic.

Vorteile und Pflichten

Viele Unternehmer in Bosnien-Herzegowina haben sich längst auf das SAA vorbereitet. Sie wissen, dass man nur mit Qualität auf dem europäischen Markt wettbewerbsfähig sein kann. Faruk Sirbegovic, Direktor der Sirbegovic-Gruppe, eines der erfolgreichsten Bauunternehmen in der Region, meint: „Für uns Geschäftsleute bedeutet es auch, dass wir leichter an technische Ausrüstung aus Europa gelangen.“

Allerdings beinhaltet das SAA auch zahlreiche Verpflichtungen, die erfüllt werden müssen. Dies betrifft insbesondere den Bereich Zertifizierung und die Umsetzung von europäischen Qualitäts-Standards. Direktor Sirbegovic: „Es sind viele Verpflichtungen. Aber sie bieten uns auch neue Möglichkeiten. Daher glaube ich, dass das Ergebnis für die Wirtschaft in Bosnien-Herzegowina positiv sein wird.“

Landwirtschaft gefährdet?

Doch es gibt auch besorgte Stimmen im Land. Viele Landwirte befürchten, dass das SAA wegen der Senkung der Zollgebühren für Importprodukte die einheimische Landwirtschaft zerstören könnte. Der Vorsitzende des Landwirtschaftsverbandes von Bosnien-Herzegowina, Miro Pejic, sagt, die einheimische Agrarwirtschaft stehe unter starkem Druck der Importeure, die unter weitaus günstigeren Bedingungen produzieren ließen und mit viel höheren Subventionen ausgestattet seien. „Auf gesamtstaatlichem Niveau gibt es kein Landwirtschaftsministerium in Bosnien-Herzegowina. Die Landwirte haben auf sich allein gestellt nicht die geringste Aussicht auf Erfolg“, sagt Pejic.

Auch Politik gefordert

Die Ökonomin Azra Hadziahmetiovic sieht die einheimische Wirtschaft vor einer Bewährungsprobe: „Das Abkommen mit der EU bietet die Möglichkeit, die eigenen wirtschaftlichen Aktivitäten den Regeln des Marktes anzupassen“, meint sie.

Almir Mirica, Börsenexperte aus Sarajewo, glaubt, dass nach der Unterzeichnung des SAA auch die Politik reagieren muss. Der Staat werde nun viel schneller die gesetzlichen Vorschriften den EU-Standards anpassen müssen, sagt Mirica. „Es darf nicht mehr vorkommen, dass sich die Verabschiedung wichtiger Gesetze wegen schleppender Parlamentsverfahren über Jahre hinzieht.“ Mit der Unterzeichnung des SAA hat Bosnien-Herzegowina die Verpflichtung übernommen, in den nächsten sechs Jahren rund 1.200 Vorschriften der EU in die nationale Gesetzgebung zu übernehmen.

Samir Huseinovic