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Brücke zwischen Europa und Asien

Hans Jürgen Mayer, zurzeit Hanoi8. Oktober 2004

In Hanoi begann am Freitag (8.10.) der 5. Europa-Asien-Gipfel (ASEM). Bei den zweitägigen Gesprächen geht es unter anderem auch um den Irak, Nordkorea und um die Nichtweiterverbreitung von Waffen.

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Willkommensgruß und SchattenspenderBild: AP

An dem zweitägigen Treffen (8./9.10.) nehmen alle Länder der Europäischen Union (EU) und des Verbandes Südostasiatischer Staaten (ASEAN) sowie die EU-Kommission, China, Südkorea und Japan mit insgesamt 1000 Vertretern in 39 Delegationen teil. Das 1996 gegründetes Dialogforum zwischen Europa und Asien (ASEM) will die beiden Kontinente politisch, wirtschaftlich und kulturell einander näher bringen und eine Alternative zum US-Einfluss in Asien bieten.

Am Anfang stand - auf Anregung Singapurs - die Idee, die EU und die ASEAN, später dann auch noch China, Japan und Südkorea, enger aneinander zu binden, um die Marginalisierung beider Gruppierungen durch die USA und deren in fast allen Sphären übermächtigen Einfluss zu verhindern.

Hälfte der weltweiten Wirtschaftskraft

Bereits 1996 war das Handelsvolumen der EU mit Ost- und Südostasien größer als der Wirtschaftsaustausch mit den Vereinigten Staaten. Heute repräsentieren die ASEM-Mitgliedsstaaten fast 50 Prozent der weltweiten Wirtschaftskraft (BIP) und über 40 Prozent des Welthandels. Dieses Gewicht bringen die Dialog-Partner nicht machtpolitisch auf die Waage, aber sie nutzen das Forum der ASEM, um eine Klammer zu bilden, Strategien auf den unterschiedlichsten Ebenen zu erörtern und das Verständnis zwischen Asien und Europa zu fördern.

Dass dieser Annäherungsprozess überhaupt richtig in Gang kam, beruht nicht zuletzt auf der Unterstützung, welche die EU in der Asien-Krise der Jahre 1997 bis 1999 den von der Finanz-Krise schwer gebeutelten ASEAN-Staaten sowie Südkorea leistete. Während die überbewerteten asiatischen Währungen, mit Ausnahme Japans, Chinas sowie Malaysias von Finanz-Spekulanten in den Abgrund getrieben wurden, sicherte die EU ihren asiatischen Partnern zu, keinerlei protektionistische Schritte gegen Billig-Importe zu unternehmen.

Die Folge: Das ohnehin bestehende Handelsdefizit der EU mit Asien wuchs dramatisch an. Das trug dazu bei, dass die am schlimmsten betroffenen Staaten nicht noch tiefer abstürzten. Diese solidarische Haltung in einer Zeit, in der die Rosskur-Rezepte des Internationalen Währungsfonds die Krise der "kleinen Tiger" noch verschärften, hat der EU bei ihren ASEM-Partnern dauerhaft Kredit eingebracht.

Politischer Dialog als Institution

Die ASEM mit ihren zahlreichen Gesprächsrunden bildet seitdem ein Gegengewicht zur APEC, dem asiatisch-pazifischen Gesprächsforum, an dem Europa nicht beteiligt ist. Machtpolitik allerdings will die große Mehrheit der Mitglieder nicht betreiben - im Gegensatz zum Reich der Mitte, wie Sebastian Bersick, Dozent für Politik und Sozialwissenschaft der Freien Universität Berlin, betont: "Besonders Vertreter der Volksrepublik China beabsichtigen, den Prozess zu nutzen, um ein Gegengewicht zu der als Dominanz empfundenen Rolle der Vereinigten Staaten von Amerika zu schaffen."

Institutionen besitzt die ASEM kaum. Das laufende Geschäft besorgen Ministertreffen, bei denen übrigens auch das Thema Umwelt eine zunehmend wichtige Rolle spielt. In Thailand beispielsweise wurde die Umwelt-Problematik gerade erst zu einer Frage der nationalen Sicherheit erklärt. Große Erwartungen, die ASEM werde auch weltwirtschaftlich Akzente setzen, haben sich nicht erfüllt.

Dafür ist der politische Dialog innerhalb der ASEM zu einer festen und nützlichen Institution geworden - trotz des Gegensatzes zwischen der prinzipiell freiheitlich verfassten und den Menschenrechten verpflichteten EU und einer Reihe asiatischer Partner, die autoritär bis diktatorisch regiert werden und das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten hochhalten. Das wurde zuletzt beim Widerstand von Teilen der EU gegen die nunmehrige Aufnahme Birmas in die ASEM deutlich. Auch wenn viele asiatische Staaten das brutale Regime der birmanischen Generäle missbilligen, bestanden sie doch auf der Mitgliedschaft des Landes.