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Brückenbauer qua Funktion?

Daniel Scheschkewitz, Washington15. Mai 2003

Wohl selten wurde ein Besuch mit so viel Spannung erwartet wie der von US-Außenminister Colin Powell in Berlin. Ein Garant für die Normalisierung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses ist er allerdings nicht.

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US-Außenminister Colin PowellBild: AP

Außenminister Powell gilt als der Besonnene in der Bush-Administration. Als die Wogen hochschlugen im deutsch-amerikanischen Streit um die Irakpolitik und andere ihr rhetorisches Gift verspritzten, bleib er stets um Ausgleich bemüht. Dabei hätte er allen Grund gehabt, den Deutschen böse zu sein. Schließlich hatte Berlin mit seiner deutsch-französisch-russischen Ablehnungsfront im Sicherheitsrat den multilateralen Kurs Powells in der Irakfrage mit zum Scheitern gebracht.

Dennoch war es Powell, der nach Beendigung des Irakkrieges als erster nach vorne blickte und die Deutschen und Franzosen demonstrativ als Freunde bezeichnete: "Wir arbeiten mit allen unseren Freunden, mit Frankreich, Deutschland, Russland und China und den gewählten Mitgliedern des Sicherheitsrates zusammen. Was immer auch vorgefallen ist, liegt in der Vergangenheit. Wir reden nicht mehr vom Krieg, sondern vom Frieden und darüber wie den Menschen im Irak geholfen werden kann."

Mittlerrolle für Deutschland?

Powell braucht die Deutschen, sie sollen jetzt mithelfen, die Sanktionen gegen den Irak in den Vereinten Nationen aufzuheben. Aufgrund seiner europäischen Machtposition und seiner ähnlich guten Beziehungen zu Frankreich wie zu Russland kann Deutschland hier eine Mittlerrolle einnehmen. Außerdem soll Deutschland in der NATO für eine bewaffnete Friedenstruppe im Irak unter den europäischen Partnern zusammen mit Großbritannien den Boden bereiten.

Powell, der von manchem schon als letzter Freund der Deutschen in der Bushregierung bezeichnet wird, erinnert sich persönlich gerne an seine Zeit in Frankfurt am Main als Kommandeur des 5. US-Korps. Damals war er für die Verteidigung Deutschlands im Kalten Krieg verantwortlich. Heute muss er Amerikas militärische Vormachtstellung in der Welt diplomatisch abfedern.

"Colin Powell steht fast allein"

Deutschland spielt dabei geostrategisch keine Rolle mehr, meint Gerald Livingston, Historiker und Deutschlandexperte in Washington. Er weist darauf hin, dass der Aufbau der transatlantischen Beziehungen eine Erscheinung des Kalten Krieges war. Jetzt sei das wirtschaftliche Element entscheidender. Der Handel und die gegenseitigen Investitionen - das seien die Garantien dafür, dass die politischen Auseinandersetzungen nicht zu weit gingen.

Als Militär und Diplomat hat Powell für vier verschiedene Präsidenten gearbeitet - von Reagan über Carter, Bushs Vater bis zum amtierenden Präsidenten. Aber kann er George W. Bush auch zu einem Versöhnungstreffen mit Gerhard Schröder bewegen? Livingston warnt vor übertriebenen Erwartungen. Powell sei zwar als Außenminister unanfechtbar. Aber im Zuge des siegreichen Irakkrieges hätten die Neokonservativen in der Regierung, die Leute um Vizepräsident Cheney und Verteidigungsminister Rumsfeld, an Macht gewonnen. "Powell steht in dieser Regierung fast allein", meint der Historiker.