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Brückenschlag über den Rhein

4. April 2009

Ein Symbol zum Auftakt des zweiten Tag des NATO-Gipfels: Auf einer Rheinbrücke zwischen Deutschland und Frankreich trafen sich am Samstag (04.04.2009) die 28 Staats- und Regierungschefs der Allianz.

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NATO-Staats- und Regierungschefs auf der Rheinbrücle in Kehl (Foto: AP)
Treffen auf der RheinbrückeBild: AP

Anlass: die Gründung der NATO vor 60 Jahren. Nach dem Zweiten Weltkrieg schlossen sich unter Führung der USA die westlichen Mächte zusammen. Sechs Jahr später wurde das im Krieg besiegte Deutschland aufgenommen. Frankreich und Deutschland söhnten sich aus. Der Westen stand geschlossen gegen die kommunistische Sowjetunion und den Warschauer Pakt - 40 Jahre lang.

Einer ging eigene Wege

Angela Merkel, die deutsche Bundeskanzlerin, kam zu Klängen einer Militärkapelle mit 26 weiteren NATO-Staats- und Regierungschefs vom deutschen Ufer in Kehl auf die Brücke. Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy ging der Gruppe alleine vom französischen Ufer kommend entgegen. In der Mitte der elegant geschwungenen Fußgängerbrücke über den Rhein trafen sich die Verbündeten zum traditionellen Gruppenfoto. Bei strahlendem Sonnenschein hatte die Bundeskanzlerin etwas Mühe, die gut gelaunten Herren in ordentlichen Zweierreihen zum Foto aufzustellen.

Silvio Berlusconi telefoniert am Rheinufer (Foto: AP)
Sondert sich ab: Italiens Ministerpräsident Silvio BerlusconiBild: AP

Ein Regierungschef fehlte bei der Zeremonie zunächst: der Italiener Silvio Berlusconi. Mit dem Telefon am Ohr ging er lieber am Rheinufer spazieren und trollte sich später allein über die Brücke. Auf der Straßburger Seite angekommen, gedachten die Staats- und Regierungschefs feierlich aller NATO-Soldaten, die bei Einsätzen ihr Leben gelassen haben. Allein in Afghanistan starben bislang mehr als 1100 ausländische Soldaten. Dann bewegten sich die Fahrzeugkolonnen der NATO-Staats- und Regierungschefs durch die völlig menschenleere Innenstadt von Straßburg zum eigentlichen Tagungsgebäude.

In Kehl demonstrierten derweil mehrere tausend Menschen gegen die NATO. Es war die bisher größte Kundgebung gegen den Gipfel auf deutscher Seite.

Herren in dunklen Anzügen und eine Dame (Angela Merkel) im hellen Blazer (Bild: AP)
Gruppenbild mit DameBild: picture-alliance/dpa

Dissonanzen

Trotz aller Harmonie, die beim Brückenschlag über den Rhein zur Schau gestellt wurde, haben die NATO-Häuptlinge ein Problem noch nicht lösen können: Die Türkei weigert sich offenbar weiterhin, den dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen als neuen NATO-Generalsekretär zu akzeptieren. Der Chefdiplomat der NATO wird einstimmig bestimmt. Die Gipfelgastgeberin Angela Merkel hatte zwar angekündigt, es werde eine Entscheidung verkündet werden, aber bislang konnte sie sich nicht durchsetzen. Die türkische Regierung kreidet Rasmussen an, dass er mit seinem Eintreten für die Pressefreiheit im Streit um Mohammed-Karikaturen 2005/2006 die islamische Welt verprellt habe.

Im Mittelpunkt der Beratungen am Samstag steht das weitere Vorgehen der NATO in Afghanistan. US-Präsident Barack Obama will 21.000 zusätzliche Soldaten an den Hindukusch schicken, um Taliban und El-Kaida-Zellen wirksamer zu bekämpfen. Er machte gestern deutlich, dass er mehr Einsatz von den europäischen Verbündeten erwartet. Die sind allerdings zögerlich, neue Truppen für die gefährliche Mission bereitzustellen. Obama stellte klar, dass keine amerikanischen Bodentruppen in Pakistan eingesetzt werden sollen. Luftschläge im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet, in dem die El-Kaida-Terroristen vermutet werden, sollen aber verstärkt werden. Man wolle die pakistanische Regierung unterstützen.

Als Ziel für eine erfolgreiche Afghanistan-Mission nennt die NATO nicht mehr den Aufbau eines funktionierenden demokratischen Staatswesens in Afghanistan. Lediglich die Sicherheit des Landes soll so weit garantiert werden, dass Terroristen Afghanistan nicht mehr als Operationsbasis nutzen können. Die NATO und andere internationale Truppen sind in der Schutztruppe ISAF seit sieben Jahren in Afghanistan im Einsatz. Zurzeit hat sie dort rund 70.000 Mann unter Waffen. Die Bundesregierung sprach sich wiederholt dafür aus, den zivilen Aufbau in Afghanistan und die Zusammenarbeit zwischen Militär und afghanischen Behörden zu verstärken.

Autor: Bernd Riegert, zurzeit Straßburg
Redaktion: Wim Abbink / Thomas Grimmer