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Brüssel im August - eine Schlafstadt

Alexander Kudascheff10. August 2005

Die Europa-Zentrale hat Urlaub. An sich ist das kein Grund zur Beschwerde. Nur Hunger darf man nicht haben.

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Und die EU, die NATO? Im Tiefschlaf. Alle sind im Urlaub. Die Kommissare zuerst, ihre Generaldirektoren, ihre Sprecher, die Vertreter ihrer Sprecher. Letzte Stallwache hält ein kleiner Stab von Vertretern der Vertreter. Natürlich gut informiert, aber vorsichtshalber so versteckt, dass man sie nicht findet - in den Wandelgängen der Kommission!

Immerhin einen Kaffee kann man hier noch trinken. Im Gegensatz zum Rat, dem eigentlichen Hort der Macht in der EU. Dort wird gebaut (Sicherheit, Sicherheit!), damit man in Zukunft noch schlechter ins Gebäude kommt als bisher.

Und die Kantine? Geschlossen. Für alle? Nein, um Gottes willen. Aber für Journalisten zumindest. Einmal im Jahr will man denn doch unter sich essen. Also weiter auf der Suche nach einem warmen Happen. Auf ins Parlament.

Die Abgeordneten sind natürlich weg (die Deutschen schon in Richtung Wahlkampf), ihre Sprecher auch, deren Vertreter - na das kennt man schon. Aber die Kantine ist offen - nur nicht für Journalisten. Die sollten eigentlich im August gar nichts in Parlament dürfen - aber ein saftiger Protest der hungrigen Stallwache der Journalisten hat eine geistige Kehrtwendung bewirkt. Die Journalisten dürfen jetzt ins Parlament - aber nicht in die Kantine - im Gegensatz zu den Lobbyisten.

Warum? Eine neue Öffentlichkeitsoffensive des selbstbewussten Europäischen Parlaments? Immerhin auf dem Weg zurück ins Zentrum der EU - der" Rat der Regionen" hat offen, seine Kantine auch und ist auch für alle zugänglich. Zwar weiß niemand so recht, was der "Rat der Regionen" macht oder gar soll - aber wer seine Kantine offen hält, ist auf jeden Fall wichtig.

Und das Essen? So gut und so schlecht wie sonst auch in öffentlichen Kantinen mit europäischen Steuergeldern. Europa schläft, tief und traumlos. Zumindest im August. Und wenn man ganz ehrlich ist: so unsympathisch ist das nicht. Ein Monat ohne künstliche Aufgeregtheiten und ohne Wichtigtuereien. Wenn jetzt das Wetter richtig gut wird - dann kann die Brüsseler Stallwache empört und aufrichtig sich beklagen.

Und es sieht nicht schlecht aus - mit dem Wetter in der Hauptstadt des Regens, so die Wetterfrösche. Aber das weiß man nicht so genau. Bis man weiß, ob man den Tag im Park verbringen kann, kann man ja immer noch eine offene Kantine für Journalisten suchen - oder sich auf eine Diät setzen. Freiwillig, ohne europäische Richtlinie. Sapperlot.