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Brüssel weiterhin ohne gute Nachrichten

Alexander Kudascheff, Brüssel8. Februar 2006

Europa ist in der Krise. Und weil nicht sein darf, was ist - nämlich dass die Leute Europa nicht so mögen, wie es sich die Eurokraten vorstellen - gab es eine neue Medienoffensive. Doch die führte zu Missverständnissen.

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Die Europäer sollen überzeugt werden, dass Europa eine tolle Sache ist - und dass Brüssel mitnichten ein bürokratisches Monster ist, sondern offen, transparent, effizient. Und dafür reicht es nicht, den Brüsseler Journalisten (rund 1000 an der Zahl) täglich zu sagen, was gerade geschieht, dafür muss die Kommission selbst Zeichen setzen. Die Idee: wir schaffen selbst einen Fernsehkanal und eine eigene Nachrichtenagentur. Beide vermitteln dann ein umfassendes, ein freundliches, ein positives Bild von Europa.

Plan D: Diskussion, Debatte, Demokratie

So dachte es sich in bester Eurokratenmanier die Vize-Präsidentin der EU-Kommission, Margot Wallström, aus. Und verkündete es. Das war der berühmte Plan D - für Diskussion, Debatte, Demokratie, mit dem aus der Brüsseler Zentrale rund 450 Millionen Europäer von Europa begeistert werden sollten.

Doch statt Begeisterung gab es einen Sturm der Entrüstung. Wollte sich die Kommission wirklich wie ein sowjetisches Politbüro aufführen? Wollte man in Brüssel wirklich ein Zentralorgan schaffen, eine Art Europa-Tass nach dem Vorbild der russischen Nachrichtenagentur Itar-Tass? Undenkbar. Und sollte dieses Kommissionsfernsehen - ganz unabhängig von einem unabhängigen Chefredakteur geleitet - nur gute Nachrichten verbreiten?

Alles nur eine Gedankenskizze?

Schlechte Nachrichten seien schließlich schlecht für das europäische Image. Na, so hatte es Margot Wallström nicht gemeint. Sie sprach von Missverständnissen. Sie schob es auf falsche, auf oberflächliche Übersetzungen (gerade in den zwei wirklich seltenen europäischen Sprachen Französisch und Deutsch? Und das bei einer wirklich immer brillanten Übersetzungsleistung in der EU), auf ein Papier, das nur eine Gedankenskizze sei.

Mit anderen Worten: Margot Wallström hat ein Weißbuch vorgestellt, das nicht fertig und schon gar nicht richtig übersetzt war. Ein starkes Ding, wenn auch nur eine Ausflucht, das war allen klar. Denn eine Professionalisierung der vorhandenen Quellen hätte man ohne jedes Trara und jedes Tamtam einfach eingeführt. Basta.

Abgebügelte Kritik

So aber wurde die Initiative einfach ein medialer Rohrkrepierer. Wallström wollte viel, sie wollte wahrscheinlich sogar Gutes - aber es endete im medialen Gau. Auch weil Wallström - angegriffen - so reagierte, wie es im Plan D (Demokratie, Debatte, Diskussion) nicht vorgesehen war: sie bügelte Kritik und Nachfragen schlicht ab. Also war es nichts mit der großen Offensive für Europa. Europa bleibt in der Krise. Leider. Aber wir können uns trösten. Ein neues Weißbuch, eine neue Charmeinitiative kommt sicher und dann hoffentlich unmissverständlich und richtig übersetzt.