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Brüste, Bäuche und ein unerfülltes Sexleben

Konstantin Klein7. März 2002

Amerika ist eine Marktwirtschaft. Da gilt das Gesetz von Angebot und Nachfrage - Die Nachfrage wird durch ein (Über)Angebot an Werbung gesteuert und DW-TV-Korrespondent Konstantin Klein macht sich Gedanken.

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Und hier wird's nicht nur kompliziert, sondern richtig schrecklich. Denn wenn wir nach der Produktpalette gehen, für die derzeit besonders oft und lautstark im amerikanischen Fernsehen geworben wird, dann ist es um die USA schlimm bestellt.

Offensichtlich denken die zahlungskräftigen Amerikaner (und nur die sind für die werbetreibende Wirtschaft von Interesse) vor allem darüber nach, wie sie ihre primären, sekundären und tertiären Geschlechtsmerkmale interessant gestalten können. In dem gleichen Land, in dem unanständige Wörter konsequent aus den Sendungen gepiepst werden, laufen ungehindert und in großer Zahl Werbespots für Viagra und andere potenzstärkende Mittel (berüchtigt sind die Spots mit dem ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Bob Dole in der Hauptrolle).

Leise rülpsend am PC

Frauen werden ultimativ aufgefordert, mit sogenannten "breast enhancers" etwas für ihre Silhouette zu tun. Angehörige beider Geschlechter sollen mit elektrischer oder mechanischer Unterstützung innerhalb weniger Wochen zu knallharten Waschbrettbäuchen kommen (ganz richtig: Angehörige beider Geschlechter ...). Und was die tertiären Geschlechtsmerkmale angeht: Ja, auch die Automobilwerbung läuft auf Hochtouren - so sehr, daß Autohersteller sich inzwischen vor jedem verkauften Auto fürchten; in der derzeitigen angespannten Lage lassen sich die meisten Autos nur mit großen Rabatten an den verunsicherten Mann, die verunsicherte Frau bringen.

Da tröstet es nicht sonderlich, wenn auf den weiteren Plätzen der subjektiven Schreckensparade des Autors Werbespots für Mittel gegen Sodbrennen, für Diät-Cola, für Computer und für Fast Food stehen. Denn wer will schon wirklich etwas mit Menschen zu tun haben, die sich sexuell unattraktiv finden, deshalb große Autos kaufen, ihre Freizeit leise rülpsend vor dem PC verbringen und allen Ernstes glauben, mit zuckerfreier Limonade die wüsten Effekte von Hamburgern und Fritten neutralisieren zu können?