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Ein Jahr danach

3. Februar 2009

Neun Menschen starben bei einem Brand in einem Mehrfamilienhaus in der Innenstadt - alle türkischstämmig. Die Ursache für das Unglück ist auch ein Jahr danach unklar.

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Einsatzkräfte der Feuerwehr vor dem ausgebrannten Haus in der Ludwigshafener Innenstadt (Quelle: AP/Februar 2008)
Einsatzkräfte der Feuerwehr vor dem ausgebrannten Haus in der Ludwigshafener Innenstadt (Februar 2008)Bild: AP

Wie ein Mahnmal ragen die verrußten Reste des Mehrfamilienhauses in der Ludwigshafener Innenstadt in den Himmel. Die Ruine ist seit dem verheerenden Brand unverändert. Schwarzer Ruß bedeckt die Mauern, die Zwischendecken sind zerstört.. Am Dienstag (3.2.2009) ist es ein Jahr her, dass bei einem Brand in diesem Gebäude neun türkischstämmige Kinder und Frauen starben. Die Hinterbliebenen verfolgt die Katastrophe bis heute. Die Ursache für das Unglück ist noch immer ungeklärt. Seit der Schließung der Ermittlungsakten im Juli 2008 hätten sich keine neuen Anhaltspunkte ergeben, heißt es von Seiten der zuständige Staatsanwaltschaft.

Misstrauen zwischen Deutschen und Türken

Eine türkische Fahne weht vor dem ausgebrannten Wohnhaus in Ludwigshafen (Quelle: dpa/Februar 2008)
Eine türkische Fahne weht vor dem ausgebrannten Wohnhaus in Ludwigshafen (Februar 2008)Bild: picture-alliance/ dpa

Weit über Ludwigshafen hinaus geriet der Brand zur Probe für das Miteinander von Deutschen und Türken. Schnell kam der Verdacht auf, der Brand sei kein Unglück, sondern ein fremdenfeindlicher Anschlag gewesen. Die Bilder wurden damals überall gezeigt, auf allen türkischen Kanälen, in allen Zeitungen - und sofort waren die Erinnerungen an die fremdenfeindlichen Brandanschläge in Mölln 1992 und 1993 Solingen wieder da, bei denen acht türkische Frauen und Kinder umkamen. Seitdem gibt es Fragen, die sich die deutsche Gesellschaft gefallen lassen muss: Wie sicher sind Ausländer in diesem Land? Das Misstrauen, das damals aufkam, besteht heute noch.

Einsatzkräfte werden bespuckt

Die Regierung aus Ankara schickte vor einem Jahr eigene Ermittler nach Ludwigshafen. Türken kritisierten, die Helfer seien zu spät gekommen, schlimmer noch: Die Feuerwehr hätte den Bewohnern nicht helfen wollen. Die Einsatzprotokolle beweisen aber das Gegenteil, 500 Personen und 70 Einsatzfahrzeuge waren sofort vor Ort.

Die Gerüchte hielten sich dennoch hartnäckig. Junge Türken spuckten damals Fahrzeuge des Technischen Hilfswerks an. Als ein Türke den Feuerwehrchef Peter Friedrich beschimpfte, musste dieser vor versammelter Presse weinen. Dass seine Leute 50 Menschen aus dem brennenden Haus gerettet hatten, fand wenig Interesse. Dann tauchten plötzlich zwei angebliche Augenzeugen auf: Sie wollten einen Mann gesehen haben, der im Hauseingang zündelte. Aber der mysteriöse Fremde wurde nie gefunden.

Brandursache bis heute nicht geklärt

Rückstände von Brandsätzen wurden ebenfalls keine gefunden, die Ermittler vermuten, dass es einen Schwelbrand im Keller gab. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen eingestellt, die Ursache wird wohl nie geklärt werden.

Ein Polizist untersucht mit einem Spürhund die Trümmer in dem ausgebrannten Haus (Quelle: AP/Februar 2008))
Ein Polizist untersucht mit einem Spürhund die Trümmer in dem ausgebrannten Haus (Februar 2008)Bild: AP
Eine Angehörige trauert an einem Sarg mit den sterblichen Überresten eines Opfers der Brandkatastrophe (Quelle: AP/Februar 2008)
Eine Angehörige trauert (Februar 2008)Bild: AP

Die Toten wurden am 11. Februar 2008 im südostanatolischem Gaziantep beerdigt. Auf den frischen Gräbern lagen pompöse Kränze, gespendet von einheimischen Politikern. Doch schnell verwelkten die Blumen in der Türkei und am Zaun, der um die Brandruine in Ludwigshafen stand. Die Stadt hat nun die Genehmigung für den Abriss der Brandruine erteilt - demnächst soll mit einem Neubau begonnen werden. (HF)