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Brand in Moskauer Studentenwohnheim

24. November 2003

Bei einem Großbrand in einem Moskauer Studentenwohnheim sind am Montag (24.11.2003) mindestens 32 Bewohner ums Leben gekommen, über 100 wurden verletzt. Bei den Opfern handelt es sich vor allem um ausländische Studenten.

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Noch ist die Brandursache unklarBild: AP

Drei der fünf Stockwerke des Gebäudes in der Patrice-Lumumba-Hochschule für Völkerfreundschaft gingen am frühen Montagmorgen in Flammen auf, wie eine Sprecherin der Feuerwehr mitteilte. Die Feuerwehr brachte zahlreiche Bewohner über Leitern in Sicherheit. Andere versuchten, sich mit einem Sprung aus dem Fenster vor Rauch und Flammen zu retten und zogen sich dabei teilweise schwere Verletzungen zu. Erst nach etwa drei Stunden konnte das Feuer gelöscht werden.

Nach Angaben des Moskauer Polizeisprechers Pawel Klimowski wurden 28 Leichen aus dem Gebäude geborgen, drei weitere wurden vor dem Studentenwohnheim gefunden. Das 32. Opfer starb in einem Rettungswagen auf dem Weg zum Krankenhaus. Der Brand begann nach Informationen des Fernsehsenders "Rossija" im Zimmer von drei jungen Nigerianerinnen im zweiten Stock. Ursache könnte ein Kurzschluss in diesem Raum gewesen sein, hieß es. In dem Wohnheim lebten 270 Studenten aus 106 Ländern.

Renovierungsbedürftiges Gebäude

Die nach einem kongolesischen Revolutionär benannte Universität im Südwesten der russischen Hauptstadt wurde 1960 vom sowjetischen Staatschef Nikita Chruschtschow als Kaderschmiede für befreundete Staaten der Sowjetunion gegründet. Nach der Auflösung der Sowjetunion verlor die Hochschule ihre frühere Bedeutung als Vorzeige-Universität für Studenten aus der Dritten Welt. Die meisten Gebäude müssten renoviert werden, doch fehlt es bisher an den dafür benötigten Mitteln.

Fenstersprung als letzte Rettung

Nach Angaben eines Studentenverbandes waren unter den Opfern Studenten aus China, Bangladesch, Vietnam und aus afrikanischen Staaten. Insgesamt waren dort 272 Menschen registriert. Im russischen Fernsehen war zu sehen, wie die Feuerwehr im Schneetreiben versuchte, den Brand unter Kontrolle zu bekommen. Ein Student berichtete im russischen Fernsehen, das Feuer sei im zweiten Stock ausgebrochen und habe sich von dort ausgebreitet. "Ich habe gesehen, wie sich Menschen im fünften Stock aus den Fenstern lehnten und schrien. Ich habe so etwas noch nicht gesehen."

Ein weiterer Student schilderte, dass sich die Flammen rasch ausgebreitet hätten. "Die Menschen sind aus den Fenstern gesprungen, weil das Feuer im zweiten Stock ausbrach und es keinen anderen Weg heraus gab. Es war total fürchterlich."

Unterdessen wurde am Rettungseinsatz Kritik laut. "Das war ein Chaos", sagte ein Student aus Bangladesch über die Rettungsarbeiten. "Die Notausgänge wurden viel zu spät geöffnet." Der erste Feuerwehrwagen traf nach Angaben von Augenzeugen erst nach 20 Minuten ein, der erste Krankenwagen nach einer halben Stunde.

Drei Studenten festgenommen

Im Zusammenhang mit dem Brand sind drei Studenten als mögliche Brandstifter ins Visier der Ermittler geraten. Augenzeugen hätten beobachtet, wie die afrikanischen Studenten kurz vor Ausbruch des Feuers aus dem Gebäude geflohen seien, sagte der russische Bildungsminister Wladimir Filippow laut Nachrichtenagentur Itar-Tass. Das Feuer sei im Zimmer der drei Verdächtigen ausgebrochen, die Universitätsleitung lasse nach ihnen suchen. Die Staatsanwaltschaft erließ laut Itar-Tass zunächst keinen Haftbefehl. Es sei noch nicht klar, ob der Brand durch Fahrlässigkeit oder vorsätzlich ausgelöst wurde.

Kein Einzelfall

Das tödliche Feuer in dem Gebäude der Moskauer Universität ist bereits der dritte verheerende Brand in russischen Erziehungseinrichtungen in diesem Jahr. Am 7. April kamen bei einem Feuer in einer sibirischen Dorfschule 21 Kinder und ein Lehrer ums Leben. Die Flammen hatten sich in Sekundenschnelle über das gesamte zweistöckige Holzgebäude in der Teilrepublik Jakutien ausgebreitet.

28 taubstumme Kinder starben am 10. April bei einem Brand in einem Internat der südrussischen Teilrepublik Dagestan. Weil die Fenster vergittert waren, konnten die teilweise schwerstbehinderten Kinder nicht fliehen. Mehr als 140 Kinder erlitten Rauchvergiftungen. Die Feuerwehr sprach von einem Kabelbrand.

Auch im Nachbarstaat Weißrussland gab es in der jüngsten Vergangenheit einen verheerenden Brand. Am 12. Oktober kamen dabei 29 Patienten in einem psychiatrischen Krankenhaus ums Leben. (ali)