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Brandenburg wird "Rot-Rot"

14. Oktober 2009

SPD und Linkspartei in Brandenburg beginnen Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer rot-roten Landesregierung. CDU spricht von Verrat an der friedlichen Revolution in der DDR 1989.

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Rötlich leuchtender Himmel im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree (Foto: dpa)
So rot wie ein Sonnenuntergang soll die künftige Regierung aussehenBild: picture-alliance/dpa

Nach den Sozialdemokraten hatten am Dienstagabend (13.10.2009) auch die Linken den Weg für Verhandlungen frei gemacht. Landesvorstand und Landesausschuss der Partei stimmten der Aufnahme von Verhandlungen mit 40 Ja-, zwei Nein-Stimmen und einer Enthaltung zu. Am Montag hatte nach vier Sondierungsrunden der SPD-Landesvorstand entschieden, mit der Linken anstelle des bisherigen Partners CDU über die Bildung einer neuen Landesregierung zu sprechen.

Nach zehnjähriger Koalition mit der CDU wechselt die Brandenburger Landes-SPD - für viele überraschend - den Partner. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) bezeichnete den bevorstehenden Regierungswechsel als "etwas ganz Normales". "Wir haben uns daran orientiert, was ist für unser Land eine sinnvolle Konstellation für die nächsten fünf Jahre", wurde Platzeck in der Berliner Zeitung zitiert. Er nannte es gut und sinnvoll, "im dritten Jahrzehnt nach der Wende nicht weiter zuzulassen, dass eine große Gruppe von Menschen auf Dauer ein Stück von der Gestaltung dieser Gesellschaft ausgeschlossen ist".

Wahlplakate von Linken und SPD (Foto: AP)
Die Linke behält wohl Recht: Das Bundesland Brandenburg dürfte tatsächlich ganz "Rot" werdenBild: AP

Unsicherheit und Unzuverlässigkeit

Aus SPD-Kreisen hieß es, dem Ministerpräsidenten sei die Fünf-Stimmen-Mehrheit einer SPD-CDU-Koalition im Landtag zu unsicher gewesen. Schon in der sozialdemokratischen Fraktion könnten ihm - bei schwierigen Fragen - zwei bis drei Genossen die Gefolgschaft verweigern. Zudem seien die Christdemokraten "unzuverlässig". Bereits während der Sondierungsgespräche hatte die CDU-Fraktionsvorsitzende Saskia Funck mit ihrer Forderung nach Haushaltskonsolidierung bis 2014 für Unmut gesorgt.

Hindernis aus dem Weg geräumt

Kerstin Kaiser und Matthias Platzeck (Foto: AP)
Enge Zusammenarbeit geplant: Kaiser und PlatzeckBild: AP

An der SPD-Basis hatte es zuletzt Widerstand dagegen gegeben, dass im Falle von "Rot-Rot" eine bekennende ehemalige Mitarbeiterin des DDR-Geheimdienstes, der "Staatssicherheit", dem brandenburgischen Kabinett angehören könnte - nämlich die bisherige Linken-Landtagsfraktionschefin Kerstin Kaiser. Diese hatte dann jedoch am Wochenende erklärt, sie bestehe nicht auf ein Ministeramt.

Kaiser selbst verwies auf eine große inhaltliche Übereinstimmung in den politischen Zielen von SPD und Linken. "Wir hoffen nun auf einen Politikwechsel. Wir hoffen auf ein Land, in dem soziale Aspekte trotz der Wirtschaftskrise eine Rolle spielen", erklärte Kaiser.

Empörung über "Verrat"

Johanna Wanka (Foto: dpa)
Künftig in der Opposition: Johanna Wanka (CDU)Bild: picture alliance / dpa

Die CDU kritisierte die Entscheidung der SPD in Brandenburg scharf. Er könne "nichts anderes als Empörung empfinden", erklärte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla in Berlin. "Dieses rot-rote Bündnis verstößt gegen die Interessen von Brandenburg." Die CDU-Landesvorsitzende und bisherige Kulturministerin Johanna Wanka warf Platzeck Verrat an den Menschen vor, die 1989 gegen das DDR-Regime protestiert hätten und damit zur Wiedervereinigung Deutschlands beigetragen hätten.

"Es ist traurig und dramatisch, dass wir jetzt hier ein rot-rotes Experiment haben", tadelte sie. Dabei hätten SPD und CDU während der Sondierung in allen Punkten Kompromisse gefunden. Offenbar habe Platzeck jedoch innerparteilichem Druck nachgegeben, mutmaßte Wanka.

Die 3. Auflage

Karte von Brandenburg (blau markiert)
Im Osten Deutschlands: Brandenburg

Sollte "Rot-Rot" in Brandenburg tatsächlich zustande kommen, wäre dies die dritte derartige Koalition auf Landesebene. Derzeit gibt es eine Regierung aus SPD und Linken nur im Bundesland Berlin. Bereits von 1998 bis 2006 war eine "rot-rote" Koalition in Mecklenburg-Vorpommern an der Macht, die dann jedoch wieder von einer SPD-CDU-Regierung abgelöst wurde.

Viele Sozialdemokraten und Linkspolitiker hatten auch darauf gehofft, dass nach den jüngsten Landtagswahlen im Saarland und in Thüringen "rot-rote" Bündnisse gebildet werden. In Thüringen entschied sich die SPD-Spitze jedoch, Juniorpartner in einer großen Koalition mit der bisher alleinregierenden CDU zu werden. Auch im Saarland bleibt die CDU von Ministerpräsident Peter Müller voraussichtlich an der Macht - obwohl SPD, Linke und Grüne gemeinsam eine Mehrheit hätten. Doch die Grünen als "Zünglein an der Waage" sprachen sich am Wochenende überraschend für eine sogenannte "Jamaika"-Koalition mit CDU und FDP aus - eine bisher einmalige Konstellation in Deutschland.

Autor: Christian Walz (dpa, ap)
Redaktion: Manfred Böhm