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Mode auf dem Airport

3. Juli 2009

Mehr Mode geht kaum: Berlin lädt dieser Tage zur Fashion-Week. Im Rampenlicht steht dabei besonders "Bread & Butter". Die Messe für junge Mode ist aus Barcelona zurückgekehrt - an einen besonders charmanten Ort.

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Besucher erholen sich in Berlin während der Modemesse Bread & Butter auf dem Rollfeld des ehemaligen Flughafens Tempelhof (Foto: dpa)
Mode auf dem Ex-Flughafen: Messebesucher erholen sichBild: picture-alliance/ dpa

Einen stillgelegten Flughafen mitten im Zentrum hat kaum eine Stadt vorzuweisen, Berlin schon. Mit Tempelhof als neuer Heimat ließ sich die Modemesse Bread & Butter aus Barcelona zurück nach Berlin locken. Die Abfertigungshalle ist mit vielsprachigem Gemurmel und Lounge-Musik gefüllt. Wo vor wenigen Monaten noch Reisende eincheckten, eilen jetzt Bread & Butter-Besucher mit dem Messeprogramm in der Hand zum Rollfeld. Dort und in den ehemaligen Flugzeuggaragen warten die Stände von mehr als 500 Ausstellern auf sie.

Mit seinem Rollkoffer und dem klassischen Oberhemd wirkt Modeladenbetreiber Heinz Peter Böker ein wenig deplaziert zwischen den hippen Besuchern in Tempelhof. Doch Böker fühlt sich wohl. Er ist froh, dass die Messe für junge Mode wieder in Berlin ist. "Das spart Reisezeit", sagt der Freiburger. Er hat seine Termine abgehakt, hat die Stände nach Kreationen für sein Sortiment durchforstet und sich amüsiert. Denn Bread & Butter sei im Grunde keine Messe, sondern fast schon eine große Party, sagt er schmunzelnd.

Blick in die Halle mit Modeständen (Foto: dpa)
Messestandort Flugzeuggarage: 550 Aussteller sind auf der Bread & Butter vertretenBild: picture-alliance/ dpa

Die Messe will mehr sein als ein Verkaufsplatz

Obwohl das Geschäft im Mittelpunkt steht, will Bread & Butter mehr sein als ein Verkaufsplatz. Die Messe möchte Ambiente schaffen - nicht nur Mode zeigen, sondern auch Schau. Die Stände sind so groß wie zwei Wohnzimmer und oft aufwändig gestaltet. Es gibt quietschgrüne Straßenturnschuhe, recyclebare Plastikgürtel oder live nach Maß genähte Jeans.

Die Musik ist immer laut, viele Aussteller bieten ausgefallene Gimmicks feil. Schuhhersteller Converse lässt per Hand Einkaufsbeutel bedrucken, der Jeansproduzent Replay hat Rasen ausgerollt und erzeugt Ökostrom mit Hilfe von Zitronen. Mit Kleidung hat das nichts zu tun. Aber es geht eben auch um Stimmung.

Motorrad-Artisten für Jeanshosen

Rau und abenteuerlich soll das Flair bei Wrangler sein. Beim Jeanshersteller bildet sich jede halbe Stunde eine Schlange vor einer stählernen Treppe. Die führt an das obere Ende eines riesigen Zylinders. Von oben schauen die Zuschauer auf zwei Männer mit sonnengegerbter Haut und Schnurrbart. Um dem Hosenstand ein abenteuerliches Flair zu geben, hat Wrangler zwei Motorradartisten aus den Niederlanden engagiert. Sie fahren mit ihren Maschinen in dem Zylinder an den Wänden im Kreis. Das Publikum johlt, klatscht und feuert die beiden Schausteller an. Am Ende werfen manche mit jovialer Geste Münzen in den Zylinder hinab.

Die meist jungen Besucher von Bread & Butter haben sich herausgeputzt, entspannen an einer der Bars auf dem Rollfeld oder im Schatten eines ehemaligen Rosinenbombers. Alle geben sich beste Mühe, um im Fashion-Overkill aufzufallen: Auf den Nasen ruhen Sonnenbrillen aller Art und Größe, gewagte Fetzen bedecken die Oberkörper - und auf den Gesichtern liegt gute Laune. Bei kühlen Getränken feiern die Messebesucher die Mode, sich selbst und das gute Wetter.

Sehr farbiger Messestand (Foto: dpa)
Stöbern, Entdecken, Einkaufen: Die Messe ist auf junge Mode und Streetwear spezialisiertBild: picture-alliance/ dpa

Doch wie bei jeder Party muss einer am Ende aufräumen. Auf der Bread & Butter ist das unter anderem Juri. Er arbeitet für den Reinigungsservice und hat durchwachsene Erfahrungen gemacht. Viele nette Leute habe er getroffen, erzählt er. Doch manche hätten ihn und seine Kollegen nicht einmal angeguckt. "Hübsche Mädchen mit kaltem Blick", erzählt er mit russischem Akzent. Man solle Mensch bleiben, auch wenn man sich schön anzieht, sagt Juri und zieht weiter zu seinem nächsten Putzauftrag in einem der Hangars.

Einkaufen und dabei Gutes tun - auch das gibt es

In der Flugzeuggarage wabert lauter Musikmischmasch. Es ist ein wenig wuselig hier. Fast jeder Stand hat eine kleine Bar, um potenzielle Kunden zu binden. Katharina trägt schwer an zwei Einkaufstüten und schwärmt vom Prosecco. Sie hat für ihren Modeladen in Potsdam erfolgreich neue Designer aufgespürt, ein bisschen eingekauft und lässt sich nun treiben. "Auf der Bread & Butter wird ein Lebensgefühl vermittelt, das ist viel mehr als eine konventionelle Messe. Hier werde ich verwöhnt als Kundin", sagt sie und zieht plaudernd mit einer Freundin zum nächsten Stand.

Zwei Buslinien verbinden die Messehallen auf dem Flughafen. Einer hält in der Nähe des Standes der Bread & Butter Charity-Initiative. Hier können die Besucher einkaufen und dabei etwas Gutes tun. Hinter dem Tresen jobbt Max. Er verkauft Klamotten, die Designer den Messeveranstaltern überlassen haben. Die Einnahmen fließen vollständig an das Christliche Kinder- und Jugendwerk "Die Arche e.V.". "Zwei Berliner Schulen werden davon für ein Jahr kostenlose Schülerfrühstücke bezahlt", erzählt Max. Am beliebtesten hier sind Nagellacke in Neonfarben zum Preis von zehn Euro.

Die Charity-Initiative ist nicht das einzige Hilfsprojekt auf der Messe. Denn auch Ulrich van Gemmeren ist bei Bread & Butter dabei, obwohl er kein Designer ist. Van Gemmeren leitet die Initiative "MADE-BY", die sich für eine nachhaltigere Produktion von Kleidung einsetzt. Mit den Modeherstellern zusammen würden die "Produktionsketten aufgeräumt", erzählt van Gemmeren. Die Bread & Butter sei für ihn eine gute Gelegenheit, den Mainstream im Modegeschäft zu erreichen und die großen Herstellern dazu zu bewegen, sozialer und umweltfreundlicher zu produzieren. Ob sich seine Überzeugungsarbeit gelohnt hat, das wird Ulrich van Gemmeren spätestens auf der nächsten Bread & Butter auf dem Tempelhofer Flughafen sehen - im Januar 2010.

Autor: Benjamin Braden

Redakteur: Kay-Alexander Scholz