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Große Bundestagsmehrheit für Syrien-Einsatz

4. Dezember 2015

Der Bundestag hat den geplanten Bundeswehr-Einsatz gegen die Terrormiliz "IS" in Syrien mit breiter Mehrheit gebilligt. Die Opposition stimmte wie angekündigt großenteils gegen die umstrittene Mission.

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Die Abgeordneten des Bundestages bei der Abstimmung über den Syrien-Einsatz der Bundeswehr (Foto: Reuters)
Die Abgeordneten des Bundestages bei der Abstimmung über den Syrien-Einsatz der BundeswehrBild: Reuters/H. Hanschke

Für den Bundeswehreinsatz stimmten in namentlicher Abstimmung 445 Abgeordnete, dagegen 146. Es gab sieben Enthaltungen.

Mit ihrem Einsatz soll die Bundeswehr vornehmlich Verbündete unterstützen, die in Syrien Luftangriffe auf mutmaßliche Stellungen der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) fliegen. Das Mandat sieht vor, dass sechs deutsche Jets vom Typ Recce-Tornado zu Aufklärungsflügen über Syrien starten. Die sechs Maschinen des Taktischen Luftwaffengeschwaders 51 aus Jagel sollen mit 550 Soldaten auf der südtürkischen NATO-Luftwaffenbasis Incirlik stationiert werden. Die Aufklärungsflüge sollen im Januar aufgenommen werden.

Zudem soll die Fregatte "Augsburg" im östlichen Mittelmeer beim Schutz des französischen Flugzeugträgers "Charles de Gaulle" mitwirken. Deutschland will zudem ein Tankflugzeug bereitstellen. Insgesamt sollen bis zu 1200 deutsche Soldaten an der Mission teilnehmen. Das Mandat gilt bis Ende 2016. Das Bundeskabinett hatte es erst am Dienstag in einer Sondersitzung beschlossen. Die erste Lesung im Bundestag fand am Mittwoch statt.

Opposition sagt Nein

Das Vorhaben stößt bei der Opposition auf scharfen Widerspruch. Während die Linke den Militäreinsatz grundsätzlich missbilligte, kritisierten die Grünen vorrangig das Fehlen einer plausiblen Strategie und die Eile der Entscheidung.

Die Linke nannte den geplanten Bundeswehreinsatz gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) grundfalsch und gefährlich. "Krieg macht alles nur noch schlimmer", sagte Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht im Bundestag. An die Adresse der Bundesregierung sagte sie: "Es ist eine schlichte Lüge, dass dieser Kriegseinsatz den IS schwächen wird." Das Gegenteil sei der Fall. Die Politikerin der Linken betonte, der geplante Bundeswehreinsatz gegen den IS sei völkerrechtswidrig, er widerspreche dem Grundgesetz und sei völlig unkalkulierbar.

Die Linkenpolitikerin Sahra Wagenknecht ist entschieden gegen den Bundeswehreinsatz (Foto: Reuters)
Die Linkenpolitikerin Sahra Wagenknecht ist entschieden gegen den BundeswehreinsatzBild: Reuters/H. Hanschke

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter bewertete das Vorhaben als planlos und nicht durchdacht. "Ich habe den Eindruck, Ihr Mandat ist Aktionismus", sagte Hofreiter mit Blick auf die Bundesregierung. Nach den jüngsten Anschlägen in Europa sei ein Vorgehen mit kluger Analyse und kühlem Kopf gefragt. In dem neuen Mandat sei jedoch keine Strategie zu erkennen. Die Solidarität mit Frankreich nach den Terrorattacken von Paris stehe außer Frage, betonte Hofreiter. "Aber Handeln darf doch kein Selbstzweck sein." Solidarität könne nicht einfach bedeuten, zu allem Ja zu sagen.

SPD: "Rechtlich einwandfrei"

Der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold verteidigte das Mandat als rechtlich einwandfrei. "Dieser Einsatz ist eindeutig verfassungsrechtlich und völkerrechtlich abgesichert", sagte Arnold. Angesichts der Kritik am Einsatz sagte er: "Aufklärungsflieger sind kein Beitrag zum achtlosen Bombenkrieg." Es gebe Risiken, aber der Einsatz sei "kein Abenteuer". Angesichts der Krise Europas dürfe vor allem das deutsch-französische Bündnis nicht in die Brüche gehen.

In der Debatte rief der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen dazu auf, die europäische Verantwortung für die Krisenregion im Mittleren Osten anzuerkennen. Dies müsse auch im Namen der eigenen Sicherheit geschehen, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses. Ohne politisches Konzept gegen den Terror der IS-Milizen werde der geplante Militäreinsatz zum Scheitern verurteilt sein. Umgekehrt werde es aber ohne militärische Präsenz keine Chance für die Diplomatie geben.

Zeitdruck kritisiert

Die Opposition hatte kurz vor der Abstimmung mehr Zeit für eine ausführlichere Debatte gefordert und die knappen Fristen kritisiert. "Wir entscheiden hier in drei Tagen, ob Deutschland wieder in den Krieg geht oder nicht", sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion, Petra Sitte. "Wir wollen uns als Opposition nicht im Tornado-Tempo in diesen Krieg hineinziehen lassen." Ihre Grünen-Kollegin Britta Haßelmann argumentierte, es gebe keinen sachlichen Grund für die eilige Entscheidung.

Vertreter der Regierungskoalition verteidigten das Mandat als "abstimmungsreif". SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht sagte, das Mandat werde nicht verändert, "wenn wir weitere Wochen diskutieren". Es sei zudem auch "kein ungewöhnlicher Vorgang", wenn das Parlament in kurzer Zeit eine solche Entscheidung treffe.

kle/ml (rtr, dpa, afp, Phoenix)