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Breitenreiter: "Schalke ist große Chance"

Andreas Sten-Ziemons (mit sid, dpa)15. Juni 2015

Schalke präsentiert seinen neuen Trainer. Mit André Breitenreiter kommt der Coach von Absteiger Paderborn. Davon möchte aber kaum jemand etwas wissen. Viel wichtiger scheinen Fragen nach einem anderen Kandidaten.

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Andre Breitenreiter
Bild: picture-alliance/dpa/Vennenbernd

Wer die Antritts-Pressekonferenz von André Breitenreiter beim FC Schalke 04 verfolgte, der musste den Eindruck bekommen, dass mit Breitenreiter eigentlich der falsche Mann auf dem Podium Platz genommen hatte. Nachdem Breitenreiter pflichtschuldig ein paar Antrittsworte gesprochen und seine Verpflichtung durch die Schalker als "große Chance für mich - und vielleicht auch für den Club" bezeichnet hatte, geriet der 41-Jährige, der die sportlichen Geschicke zunächst bis zum Sommer 2017 leiten soll, erst einmal zur Nebensache. Stattdessen musste der Schalker Sportdirektor Horst Heldt zahllose Fragen zum Ex-Schalke-Spieler und derzeitigen belgischen Nationaltrainer Marc Wilmots beantworten und immer wieder erklären, warum Wilmots den Trainerjob beim FC Schalken denn nun nicht bekommen habe.

Heldt beantwortete die Fragen zunächst noch geduldig, dann allerdings mit wachsendem Unmut, um schließlich gar nichts mehr dazu zu sagen. Vor allem aus Belgien angereiste Journalisten waren es, die Heldt mit ihren Fragen quälten. Denn Wilmots war mächtig sauer gewesen, dass die Königsblauen die Meldung lanciert hatten, ihm abgesagt zu haben - kurz vor dem wichtigen EM-Qualifikationsspiel des belgischen Nationaltrainers gegen Wales. Wilmots warf Heldt daraufhin schlechten Stil vor und widersprach der Schalker Version: "Wenn ich gewollt hätte, wäre ich jetzt auf Schalke. Aber ich habe mich mit meiner Frau und meinem Berater entschieden, das Angebot nicht anzunehmen."

Breitenreiter nur Kandidat Nummer drei

Angenommen hat stattdessen Breitenreiter, für den die Schalker eine Ablösesumme von angeblich 500.000 Euro an Bundesligaabsteiger SC Paderborn bezahlen. Breitenreiter gilt dabei nicht hinter Wilmots als zweite Wahl, sondern sogar nur als dritte. Zuvor hätte Heldt fast mit dem Augsburger Trainer Markus Weinzierl Einigkeit über eine Zusammenarbeit erzielt, doch Weinzierl sagte nach längeren Verhandlungen noch ab.

Andre Breitenreiter und Horst Heldt (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)
Schalkes Manager Heldt (r.) und sein neuer Trainer André BeitenreiterBild: picture-alliance/dpa/Vennenbernd

Dass er das schwierige Amt als Nachfolger des erfolglosen Roberto Di Matteo nicht als Wunschkandidat Nr. 1 antritt, kann Breitenreiter dennoch nicht schrecken: "Es macht mir keine Angst. Von Regionalligist Havelse zu Paderborn in die 2. Liga war schon nicht ohne", sagte er mit Verweis auf seine bisherigen Trainerstationen. Tatsächlich ist es genau diese fehlende Erfahrung in einem vermeintlich großen Verein, wegen der Breitenreiter bei einigen Mitgliedern des Schalker Aufsichtsrats lange auf Ablehnung stieß. Wie soll der Trainer eines Absteigers, den FC Schalke wieder in die Champions League führen? "Wir müssen mit ehrlichem Fußball die Herzen der Fans zurückgewinnen. Wenn wir aber zusammen erfolgreich spielen, hilft das am Ende auch jedem Einzelnen", sagte Breitenreiter und vermied es, konkrete Ziele zu formulieren. Allerdings: Von der Champions League sei man "erst mal noch weit entfernt".

Hohe Ansprüche, unruhiges Umfeld

Doch letztlich ist genau das, die Teilnahme an der europäischen Königsklasse, der Anspruch des FC Schalke und seines Umfelds an Mannschaft, Trainer und Sportdirektor. Heldt steht dabei aber mehr unter Druck als Breitenreiter. Nach einer enttäuschenden letzten Halbserie unter "Missverständnis" Di Matteo, das sogar die treuesten Schalker Fans gegen Clubführung und Team aufbrachte, muss Heldt klar sein, dass die Verpflichtung Breitenreiters als eine Art "letzte Patrone" das Ziel nicht verfehlen darf. Noch ein Fehlgriff und Heldt wäre beim Revierclub gescheitert. "Die Lösung muss für eine erfolgreiche Zukunft perfekt sein", hatte der 45-Jährige selbst betont.

Belgiens Nationaltrainer Marc Wilmots (Foto. Jamie Squire/Getty Images)
Trainerkandidat Marc Wilmots ist sauer auf Horst HeldtBild: Getty Images

Den ersten Kontakt zu Breitenreiter soll es am vergangenen Mittwoch gegeben haben. Zwei Tage später besiegelten beide Seiten eine Zusammenarbeit bis 2017. Vor allem Breitenreiters Fähigkeiten, junge Spieler weiterentwickeln zu können, dürften die Schalker Vereinsspitze beim finalen Bewerbungsgespräch beeindruckt haben. Schließlich gehören der sogenannten "Knappenschmiede" diverse vielversprechende Talente an. Die Vorgaben an den neuen Trainer sind hoch: Attraktiver Offensivfußball und Erfolg wird von ihm und seinen Spielern verlangt. Dabei soll auch Kapitän Benedikt Höwedes helfen, von dem Heldt berichtete, dass er beim FC Schalke bleiben werde. Nicht mehr für die Schalker spielen werden dagegen die suspendierten Kevin Prince Boateng und Sidney Sam, auch wenn mit Breitenreiter jetzt ein neuer Trainer da sei.

Breitenreiter als Keller Nummer zwei?

Und auch wenn bei der Pressekonferenz viel gelacht wurde und sich Breitenreiter und Heldt als lockeres und dynamisches Duo präsentierten: Viel Kredit haben die Schalker Mannschaft und vor allem Heldt nicht mehr. Sollte Breitenreiter und seine Schalker einen Stotterstart in die neue Saison hinlegen, würde es gleich wieder unruhig werden. Wie schnell man auf Schalke - von welcher Seite auch immer - ins Zentrum der Kritik gerät, davon kann auch Ex-Trainer Jens Keller ein Lied singen, dem trotz aller sportlichen Erfolge stets der Makel anhaftete, für den großen FC Schalke eine Nummer zu klein zu sein.

Jens Keller neben Horst Heldt (Foto: Kevin Kurek/dpa)
Keller und Heldt hatten nicht das beste VerhältnisBild: picture-alliance/dpa/K. Kurek

Wie schnell Heldt dieses Thema einholen könnte, machte das Ende der Pressekonferenz zur Vorstellung Breitenreiters klar. Eine der letzten Fragen durfte ein Journalist aus Belgien stellen. Er wollte wissen, ob Horst Heldt ausschließen könne, jemals wieder mit Marc Wilmots über eine Anstellung als Trainer beim FC Schalke zu verhandeln. Da hatte Heldt endgültig keine Lust mehr und vermied es sogar den Namen des belgischen Nationaltrainers zu nennen. Da er dazu schon viele Fragen beantwortet habe, wolle er über den "Trainerkandidaten, der nicht auf der Bühne sitzt" nicht mehr sprechen. Wenige Minuten später war die PK vorbei und Heldt war erlöst - zumindest vorerst.