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Brexit beutelt britische Billigflieger

Christian Ebner dpa
4. April 2017

Der britische EU-Austritt könnte gravierende Folgen für den Luftverkehr haben: Die Flugrechte müssen neu geregelt werden. Das könnte einige Gesellschaften in ernsthafte Schwierigkeiten bringen.

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Easyjet Logo
Bild: picture-alliance/dpa/Hannibal

Auf der Suche nach Brexit-Verlierern kommt man relativ schnell auf Airlines und Flughäfen. Wie keine zweite Branche drängt die in Großbritannien aktive Luftverkehrsindustrie auf schnelle Verhandlungen mit Brüssel. Den Airlines droht mit dem EU-Austritt nicht nur ein allgemeiner Rückgang der Passagierzahlen wegen der Schwäche des britischen Pfunds - sondern auch der Verlust wichtiger Verkehrsrechte. Auch nach der offiziellen Anmeldung des EU-Austritts am vergangenen Mittwoch ist für sie weiter vieles unklar. Die Unternehmen stehen möglicherweise vor gewaltigen Umbauten, wenn sie weiterhin in ganz Europa Flüge anbieten wollen.

Schon unmittelbar nach dem Ausstiegs-Votum beim Referendum im Juni hatten die Börsen die großen Billigflieger Easyjet und Ryanair mit heftigen Kursabschlägen abgestraft, weil damit ihr paneuropäisches Geschäftsmodell mit dem größten Einzelmarkt Großbritannien in Frage gestellt ist. Wie kaum andere Unternehmen haben sie von den Vorzügen des gemeinsamen Binnenmarktes profitiert. Es ist mehr als unklar, ob die irische EU-Airline Ryanair 2019 immer noch mehr als ein Drittel ihres Geschäfts im Vereinigten Königreich machen kann. Die britische Easyjet ihrerseits läuft Gefahr, ihre Rechte auf beliebige Verbindungen innerhalb des EU-Gebiets zu verlieren. Das macht ein rundes Viertel ihres Geschäfts aus.

Ryanair tönt am lautesten

Ryanair hat gewohnt lautstark die Alarmglocke geschlagen und von der britischen Regierung schnellstmögliche Verhandlungen über ein neues, bilaterales Luftverkehrsabkommen mit der EU verlangt. Die Zeit dränge, warnt Marketing-Vorstand Kenny Jacobs, denn schließlich mache man Flugpläne zwölf Monate im Voraus. Die Planungen für den Sommerflugplan 2019 müssten in einem Jahr abgeschlossen sein.

Langwierige Verhandlungen mit der EU-Bürokratie, die möglicherweise erst im Herbst beginnen, sind da pures Gift für eine Gesellschaft, die jährlich 50 neue Flugzeuge in den Markt drücken will.  Ryanair hat schon unmittelbar nach dem Brexit-Referendum umgesteuert und neue Flugzeuge nur noch in Deutschland und anderen kontinentalen Staaten stationiert. Großbritannien als bislang wichtigster Einzelmarkt mit 19 Flughäfen, 3000 Beschäftigten und 44 Millionen Kunden erhält im laufenden Geschäftsjahr kein einziges zusätzliches Flugzeug. Das könnte erst der Anfang sein.

Brexit hart oder weich

Die internationale Airline-Organisation IATA hat drei Brexit-Varianten durchgespielt. Ein harter Schnitt würde nach ihrer Einschätzung im Jahr 2035 rund 20 Millionen Passagiere weniger bedeuten als bei einem sanften Ausstieg. Gleichwohl ist auch unter diesem Szenario bis 2035 ein jährlicher Passagierzuwachs von 1,9 Prozent drin. Zum Vergleich: Bei der Softvariante rechnet die IATA mit einem Plus von 2,2 Prozent, weltweit sind es langfristig über fünf Prozent. 

Also alles halb so schlimm? Kurzfristig geht es erstmal runter und mit dem Ausstieg müssen die Briten nicht nur ihre Luftverkehrsbeziehungen zu Europa, sondern auch zum Rest der Welt neu definieren. Für den Heathrow-Platzhirschen British Airways (BA) ist vor allem die Zukunft des von der EU ausgehandelten Open-Skies-Abkommen mit den USA von entscheidender Bedeutung. Fliegen die Briten auch hier raus, müssten sie wie zu vielen anderen Staaten neue Abkommen aushandeln - ein durchaus zeitraubender Prozess, wie die IATA-Experten anmerken. 

Keine Sonderrechte

In Richtung Europa kommen nach dem Brexit grundsätzlich drei Alternativen in Frage: Der Verbleib im gemeinsamen europäischen Luftraum (ECAA), ein neues Abkommen mit der EU oder ein Rückzug auf die allgemeinen Regeln des Welthandelsabkommens WTO. Im ECAA ist beispielsweise auch das Nicht-EU-Land Norwegen vertreten, doch scheint es fraglich, ob den Briten diese Möglichkeit eröffnet wird. 

Lufthansa-Chef Carsten Spohr glaubt nicht an einen britischen Sonderstatus bei den Luftverkehrsrechten. Nach seiner Einschätzung werden die Regierungen in Berlin und Paris in dieser Frage eine harte Haltung einnehmen. Turbulenzen für die wichtigsten Wettbewerber könnten wiederum der eigenen Billig-Tochter Eurowings nutzen.

Nach Informationen des "Guardian" haben hochrangige EU-Beamte britische Airlines bereits darauf vorbereitet, dass sie ab 2019 ihre innereuropäischen Flüge nur noch anbieten können, wenn sie ihren Sitz in die EU verlagern und zudem mehrheitlich in der Hand von EU-Anlegern sind. Das trifft vor allem Easyjet, denn Ryanair ist irisch und die BA fliegt ausschließlich nicht betroffene Verbindungen von und nach Großbritannien. Easyjet-Chefin Carolyn McCall hat schon seit längerem angekündigt, einen Flugbetrieb (AOC) in der EU gründen zu wollen. Derzeit schaut sie nach Österreich.