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Brexit dämpft britische Wirtschaft

4. Juli 2016

Die Prognosen über die Wirkung eines Brexit sind düster: bis 2025 rund 15 Prozent weniger Wirtschaftsleistung in Großbritannien. Der Finanzminister plant bereits Gegenmaßnahmen und Berlin wirbt um britische Firmen.

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Großbritannien Proteste gegen Brexit in London
Bild: Reuters/T. Jacobs

Ein möglicher Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union würde nach Einschätzung des Prognos-Instituts einen massiven Schrumpfkurs der dortigen Wirtschaft auslösen. Zwar seien die direkten wirtschaftlichen Auswirkungen der Brexit-Entscheidung gegenwärtig noch sehr unsicher. In einem "plausiblen Szenario", das der Nachrichtenagentur dpa vorliegt, rechnet Prognos indes damit, dass die britische Wirtschaftsleistung im Jahr 2025 rund 15 Prozent niedriger liegen würde als ohne Austritt aus der EU.

Im einzelnen geht das Institut unter anderem davon aus, dass bereits bis Ende 2016 die Unternehmensinvestitionen um zehn Prozent einbrechen werden. Ab 2018 würden zudem Handelserleichterungen für Großbritannien gegenüber EU-Ländern und Drittstaaten wegfallen. "Neue Handelsabkommen werden zu ungünstigeren Konditionen ausgehandelt werden müssen." Ferner werte das britische Pfund ab, so dass Importpreise steigen, was wiederum die Inflation antreibe.

Auswirkungen für den deutschen Arbeitsmarkt sieht Prognos bereits 2016. "Die Verluste nehmen bis 2025 zu, danach verringern sie sich allmählich wieder." Unter dem Strich wird der Effekt so beziffert: "Als Folge des Brexits liegt die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland im Jahr 2025 um rund 70.000 Personen niedriger. In der Europäischen Union beläuft sich der Verlust durch den Brexit auf über 500.000 Erwerbstätige."

EZB rechnet mit negativen Folgen

Mit negativen Folgen für das Wachstum in Europa rechnet auch der Direktor der Europäischen Zentralbank (EZB) Benoit Coeure. Allerdings sei das Ausmaß noch unklar, sagte Coeure am Sonntag bei einer Konferenz in Aix-en-Provence.

Benoit Coeure Mitglied des Direktoriums der EZB
Benoit CoeureBild: picture-alliance/dpa

"Brexit hat ein Klima der Unsicherheit, der finanziellen Unsicherheit auf kurze Sicht geschaffen, und die Zentralbank kann darauf antworten und hat es schon getan", sagte Coeure. Die EZB habe weitere Instrumente, die sie bereit sei einzusetzen.

Coeure hatte vergangene Woche bereits betont, dass rasch Klarheit über den Zeitplan für den EU-Austritt Großbritanniens geschaffen werden müsse. Eine längere Phase der Unsicherheit sei mit wirtschaftlichen Kosten verbunden - vor allem für Großbritannien, aber auch für die EU.

Großbritannien plant Gegenmaßnahmen

Um die negativen Folgen für Großbritannien im Zuge des EU-Austritts zu begrenzen, plant der britische Schatzkanzler George Osborne einem Medienbericht zufolge eine deutliche Senkung der Körperschaftssteuer. Das berichtete die "Financial Times" am Sonntag. Vorgesehen sei ein Steuersatz von weniger als 15 Prozent. Derzeit beträgt die Körperschaftssteuer 20 Prozent.

Großbritannien Finanzminister George Osborne
George Osborne will Steueranreize gebenBild: Getty Images/AFP/J. Super

Im März hatte Osborne eine Absenkung auf 17 Prozent bis 2020 in Aussicht gestellt. Mit dem Schritt wolle Osborne eine "super wettbewerbsfähige Volkswirtschaft" mit niedrigen Unternehmenssteuern und einer globalen Ausrichtung schaffen.

In anderen OECD-Ländern beträgt die Steuer im Durchschnitt rund 25 Prozent. Eine niedrigere Besteuerung in Großbritannien dürfte deshalb andere EU-Länder verärgern. Ein Datum für die Maßnahme nannte er dem Blatt zufolge zunächst nicht. Zudem wolle Osborne die Beziehungen zu China stärken.

Berlin wirbt um britische Unternehmen

Derweil wirbt Berlin nach dem Brexit-Referendum intensiv um britische Unternehmen. Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer hat bereits am Tag nach der Abstimmung über den EU-Austritt Großbritanniens erste Schreiben an britische Firmen verschickt, in denen sie für Berlin als neuen Standort wirbt. Weitere hundert solcher Briefe sollen in den kommenden Wochen folgen, wie ein Sprecher der Senatsverwaltung für Wirtschaft am Sonntag sagte. Darüber hatte der "Tagesspiegel" (Sonntag) berichtet.

iw/ul (dpa, rtrs, afp)