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Brexit: Briten spielen auf Zeit

26. Juni 2016

In ansonsten seltener Übereinstimmung mit Premier Cameron haben es die Organisatoren der Brexit-Kampagne mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU nicht eilig. In Brüssel sorgt dies für Ärger.

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Feiernde EU-Gegner nach dem Sieg beim Referendum (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/A. Delvin

Großbritannien sollte nach Ansicht des Chefs der Brexit-Kampagne vor einem offiziellen Austrittsschreiben an die EU informelle Verhandlungen über die künftigen Beziehungen führen. "Am besten ist es, wenn sich der Staub den Sommer über legen kann und während dieser Zeit informelle Verhandlungen mit anderen Ländern stattfinden", sagte Matthew Elliott der Nachrichtenagentur Reuters.

"Wir glauben nicht, dass es die Notwendigkeit gibt, sich schnell auf Artikel 50 zu berufen", erklärte Elliott weiter. Artikel 50 des Lissaboner Vertrags regelt den Austritt eines Mitgliedslandes. Nach der Niederlage in der Brexit-Abstimmung hatte der britische Premierminister David Cameron seinen Rücktritt für Oktober angekündigt. Die Austrittsverhandlungen will er seinem Nachfolger überlassen.

Matthew Elliott, Chef der "Vote Leave"- Kampagne (Foto: picture alliance)
Matthew Elliott, Chef der "Vote Leave"- KampagneBild: picture-alliance/empics/D. Lipinski

Brüssel für schnelles Handeln

Dies stößt in Brüssel auf scharfe Kritik. So forderte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz die Regierung in London auf, bereits beim EU-Gipfel am Dienstag den Austritt aus der Europäischen Union zu beantragen. "Ein Zögern, nur um der Parteitaktik der britischen Konservativen entgegenzukommen, schadet allen. Eine lange Hängepartie führt zu noch mehr Verunsicherung und gefährdet dadurch Jobs", sagte der SPD-Politiker der Zeitung "Bild am Sonntag".

Die Außenminister der sechs EU-Gründerstaaten warnten ebenfalls vor einer Hängepartie. Der Austrittsprozess solle "so schnell wie möglich losgehen", forderte der deutsche Ressortchef Frank-Walter Steinmeier nach einem Treffen mit seinen Kollegen aus Frankreich, Italien, den Niederlanden, Belgien und Luxemburg in Berlin.

Merkel zurückhaltend

Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich hingegen zurückhaltender. Für sie sei das Tempo der Austrittsverhandlungen nicht entscheidend, sagte sie in Potsdam. "Ehrlich gesagt, soll es nicht ewig dauern, das ist richtig, aber ich würde mich auch nicht wegen einer kurzen Zeit verkämpfen." Wann Großbritannien seinen Antrag auf Austritt aus der EU stelle, müsse das Land selbst entscheiden, erklärte die Kanzlerin.

Die EU ernannte derweil den belgischen Diplomaten Didier Seeuws zum Chef einer Task Force, die die Austrittsverhandlungen mit Großbritannien führen soll. Die EU-Kommission gründete nach Informationen der Agentur AFP zudem eine "Artikel 50 Task Force". Sie soll Gesetzesvorlagen für den Austritt Großbritanniens ausarbeiten.

Gabriel hält Rückkehr für möglich

SPD-Parteichef Sigmar Gabriel schloss eine Rückkehr Großbritanniens in die EU nicht aus. "Fast drei Viertel der unter 25-Jährigen wollten in der EU bleiben. Wir dürfen die Zugbrücke nicht hochziehen", sagte der Bundeswirtschaftsminister den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Zum Auftakt einer Reihe von SPD-Regionalkonferenzen erklärte Gabriel in Bonn, Europa müsse zur Überwindung der Vertrauenskrise sozialer und gerechter werden. Es gebe eine "massive Spaltung zwischen Gewinnern und Verlieren" in der Europäischen Union.

wl/se (dpa, rtr,afp)