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Europas Rechtspopulisten jubeln

Christoph Hasselbach24. Juni 2016

Bei den meisten Parteien in den europäischen Ländern hat das britische Austrittsvotum blankes Entsetzen ausgelöst. Ganz anders bei Politikern, denen die ganze Richtung der EU nicht passt.

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Plakat: "Brexit - und jetzt Frankreich"
Ein Plakat fordert zur Nachahmung auf: "Und jetzt Frankreich"Bild: Reuters/J. Naegelen

In Großbritannien selbst kennt die Freude von Nigel Farage keine Grenzen. "Die EU stirbt", sagte der Chef der Unabhängigkeitspartei, UKIP, der seit Jahren für einen Austritt seines Landes aus der Europäischen Union gekämpft hat. Jetzt sieht er sein Ziel erreicht. Aber er will, dass es nicht bei einem Brexit bleibt: "Wir hoffen, wir haben den ersten Stein aus der Mauer geschlagen. Ich hoffe, dies ist der erste Schritt zu einem Europa souveräner Nationen."

Sein niederländischer Gesinnungsgenosse Geert Wilders von der Partei für die Freiheit twitterte "Bye, bye, Brüssel" und forderte sofort eine Volksabstimmung auch in den Niederlanden. "Wir wollen unser eigenes Land kontrollieren, unser eigenes Geld, unsere Grenzen, unsere Einwanderungspolitik."

So sieht es auch Marine Le Pen vom französischen Front National. "Ein Sieg der Freiheit", twitterte sie. "Wir brauchen auch in Frankreich und anderen EU-Nationen so ein Referendum." FN-Vizepräsident Florian Philippot sprach von einem "absolut historischen Tag". Jetzt müsse man "auf die Völker hören, man kann nicht gegen sie vorangehen". Die Völker wendeten sich überall gegen "dieses chaotische europäische Abenteuer". Die jetzige EU sei "tot", so Philippot.

Kristian Thulesen Dahl, Chef der Dänischen Volkspartei, hebt die Daumen (Foto: picture alliance/dpa/L. Kastrup)
Kristian Thulesen Dahl von der Dänischen Volkspartei: "Dann will ich auch eine Abstimmung"Bild: picture alliance/dpa/L. Kastrup

In Italien lobt Matteo Salvini, der Chef der Lega Nord, auf Twitter den "Mut freier Bürger" und sagte den Briten: "Danke, Vereinigtes Königreich, jetzt sind wir mit dem Ausstieg dran."

Die Schwedendemokraten twitterten ebenfalls kurz und bündig: "Jetzt warten wir auf den Swexit."

Der Chef der Dänischen Volkspartei, Kristian Thulesen Dahl, hatte bereits vor der britischen Entscheidung in der Zeitung "Jyllands-Posten" gesagt, im Fall eines Brexit-Votums "will ich eine Volksabstimmung haben, um zu klären, ob Dänemark sich so eine Lösung wünscht". Heute heißt es von der Partei süffisant: "Es ist wunderbar, dass die Anführer dieser Einschüchterungskampagne zurechtgestutzt worden sind."

"EU hat keine Antwort gegeben"

Der nationalkonservative ungarische Ministerpräsident Viktor Orban will zwar nicht aus der EU austreten. Er sieht sich aber in seinem Widerstand gegen Bundeskanzlerin Merkels offene Flüchtlingspolitik jetzt noch mehr bestätigt. Die Briten hätten auf eine Frage eine Antwort gesucht, wie man "die moderne Völkerwanderung" aufhalten und wie sie "ihre Insel erhalten" könnten. "Diese Antwort hat die EU nicht gegeben." Europa sei nur stark, wenn es auf so wichtige Fragen wie die Einwanderung Antworten geben können, "die Europa nicht schwächen, sondern stärken".

Der slowakische Abgeordnete Petr Mach von der Partei Svobodni ("Freiheit") schrieb auf seiner Facebook-Seite: "Ich gratuliere Großbritannien zu seiner Entscheidung - und insbesondere meinem Kollegen Nigel Farage, der sich jahrzehntelang bemüht hat, Großbritannien aus dieser sozialistischen EU zu befreien."

Viktor Orban gestikuliert (Foto: picture alliance/AA/D. Aydemir)
Viktor Orban: "Sie wollen ihre Insel erhalten"Bild: picture alliance/AA/D. Aydemir

Die Freiheitliche Partei Österreichs, deren Kandidat kürzlich um Haaresbreite die Bundespräsidentschaft verpasst hat, will erst einmal abwarten, ob sie ein Referendum fordern will. Doch für FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wäre zum Beispiel dann eine Grenze erreicht, wenn die EU die Türkei aufnehmen würde. "Dann", so Strache, "ist auch für Österreich eine Abstimmung über den weiteren Verbleib in der EU eine politische Zielerklärung."

Auch Vertreter der Alternative für Deutschland (AfD) beglückwünschen sich. Die Europaabgeordnete Beatrix von Storch forderte EU-Kommissionspräsident Juncker und Parlamentspräsident Schulz zum Rücktritt auf und stellt fest: "Die Europäische Union als politische Union ist gescheitert."

AfD-Vize Alexander Gauland gab Bundeskanzlerin Merkel eine Mitschuld am Ergebnis des Referendums:

Björn Höcke, der Chef der AfD-Landtagsfraktion im Thüringer Landtag, sagte, mit ihrem Austrittsvotum hätten die Briten "den Weg des kollektiven Wahnsinns verlassen und sich für Demokratie und Volkssouveränität entschieden". Auch er forderte ein Referendum in Deutschland. Von Storch denkt offenbar bereits an ein Gläschen Schampus in ihrer Partei an diesem Freitag: "Ich denke, es wird Feiern geben."